Kommentar: Putzfrau-Affäre
■ Herber Dämpfer für die SPD
Wenn sich all der Staub gelegt hat, den die Putzfrau-Affäre des SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper in den letzten Tagen aufgewirbelt hat, wird die Sache vielleicht als das erscheinen, was sie ist: eine maßlose Dummheit. Nun ist es keine Lappalie, wenn ein Mann, der immerhin Regierender Bürgermeister werden will, seine Putzfrau schwarzarbeiten läßt. Doch die Aufgeregtheit, mit der das Thema in den letzten Tagen in den Hauptstadtzeitungen abgehandelt wurde, ist übertrieben. Es gibt schlimmere Verfehlungen. Einen handfesten Bauskandal konnte dem Chef der Momper Projektentwicklungs GmbH bislang keine Zeitung nachweisen. Statt dessen gerät der Mann wegen seiner Putzfrau ins Trudeln. Der Spitzenkandidat hat sich selbst der Lächerlichkeit preisgegeben.
Momper muß sich zu Recht vorhalten lassen, daß er als Unternehmer und Politiker sehr wohl die gesetzlichen Regelungen hätte kennen müssen. Doch wer deswegen seinen Abgang als Spitzenkandidat in Erwägung zieht, schießt über das Ziel hinaus. Das könnte sich die SPD allerdings auch nicht leisten. Vier Monate vor der Wahl den Spitzenkandidaten auszuwechseln grenzt an politischen Selbstmord. Und wer sollte auf Momper folgen? Etwa SPD-Fraktionschef Klaus Böger, der am Dienstag einräumte, daß auch er seine Putzfrau nicht angemeldet habe. So wie es eben (fast) alle machen. Aber wo kommen wir hin, wenn sich nicht mal die Politiker, die die Gesetze verabschieden, daran halten.
Gravierende Folgen dürfte die Putzfrau-Affäre in zweierlei Hinsicht haben: Für die Wahlchancen der SPD ist die Angelegenheit ein herber Dämpfer. Rot-Grün hat wegen der schwachen Vorstellung der Bundesregierung einen schalen Geschmack bekommen. Noch dazu drückt der Kosovo-Krieg auf die Stimmung. Aus dieser ungünstigen Ausgangsposition noch einen Wahlsieg zu erkämpfen erfordert herkulische Qualitäten. Die konnte man an Momper bislang nicht entdecken. Doch auch nicht bei der SPD, die am Kandidaten herummäkelt und ihn nicht wirklich unterstützt. Ein schwerer Dämpfer dürfte die Affäre auch für die Motivation der Mitglieder sein. Wer mag da noch Wahlkampf machen? Dorothee Winden
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