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„Gute Chancen für den flexiblen Mittelstand“

■ Hewlett-Packard-Vorstand Nawratil über die Folgen des Internets für den Wettbewerb

Franz Nawratil (62) ist Chairman für Europa, den Nahen Osten und Afrika beim Computerkonzern Hewlett-Packard.

taz: Herr Nawratil, das Internet erobert die Welt. Nach den Zukunftsvorstellungen der Wirtschaft werden wir bald im Internet einkaufen, flanieren und unsere sozialen Kontakte pflegen. Die großen Unternehmen sind alle im Internet vertreten. Täuscht der Eindruck, oder hinkt vor allem der Mittelstand dieser Entwicklung hinterher?

Franz Nawratil: Die großen Unternehmen haben begriffen, worum es geht. Aber das bedeutet nichts. Der Mittelstand kann viel schneller auf neue Situationen reagieren. Er hat vor allem in Europa eine gute Chance. Es heißt nicht mehr Groß gegen Klein, sondern Schnell gegen Langsam oder Neu gegen Alt. Der Mittelstand hat viel mehr Möglichkeiten, weil seine Strukturen nicht so verkrustet ist wie die der Großen.

Warum ist die Umstellung trotzdem so schwer?

Wenn Sie zum Beispiel E-Commerce nehmen, also den Verkauf von Waren über das Internet, dann schmeißen Sie natürlich bei einer Umstellung von der bisherigen Verkaufsstruktur Ihren ganzen Vertriebsladen über den Haufen. Das könnte Ihre Händler verärgern. Wenn Sie ein Geschäft neu aufbauen, dann ist das ganz einfach. Dann müssen Sie sich nur darum bemühen, daß ihre Homepage bekannt wird. Wenn Sie aber etabliert sind, müssen Sie Ihre ganze Handelskette mit einbeziehen. Und das wird teuer.

Wer ins Internet will, muß Spezialist sein. Wie können Technik-Muffel für das Medium interessiert werden?

Wir müssen dahin kommen, daß diese Technik simpel zu bedienen ist. Was kommen wird, ist der Informationsserver zu Hause. Damit sind dann Fernseher, Internet-Browser und Sprinkleranlage für den Garten verbunden. Dieses Netzwerk bringt den Zusammenschluß zwischen Unterhaltung, Information und Service. Aber was wahrscheinlich nicht kommen wird, ist die eierlegende Wollmilchsau, also ein Bildschirm, eine Tastatur für alles.

Welche Barrieren stehen dieser Entwicklung nach Ihrer Meinung noch im Weg?

In einer Welt, in der wir immer mehr Arbeitslose haben, wird der große Einstieg ins Internet nicht stattfinden. Wir können uns keine vier Millionen Arbeitslose erlauben in Deutschland und hoffen, daß der Rest das Geld für die neuen Techniken ausgibt. Für die erfolgreiche Implementierung brauchen wir eine gesunde Ökonomie. Sonst bekommen wir eine Spaltung in der Gesellschaft, die das Internet zur Exklusivität für Reiche und Betuchte macht.

Zu Ihrem Bereich bei Hewlett-Packard gehört auch Afrika ...

Ja, sicher – der vergessene Kontinent.

... werden die Entwicklungsländer jetzt nicht noch weiter zurückfallen? Viele haben kaum ein funktionierendes Telefonnetz.

Diese Länder haben nur eine Chance. Sie müssen aus ihren jetzigen Systemen ausbrechen und Ökonomien aufbauen, die in der Lage sind, Wertschöpfung zu machen. Länder wie Nigeria und Brasilien betreiben einen Ausverkauf ihrer Ressourcen. Die müssen jetzt rein in die verarbeitende Industrie und damit Arbeitsplätze für die Zukunft schaffen.

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