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Peterchens Weltfahrt

■ Reiseessays mit Biß und Boshaftigkeit, aber auch mit Selbstironie und Altersweisheit: Peter Ustinov schreibt über seine endlosen Reisen. Eine Buchbesprechung

Peter Ustinov hoppt durch die Länder der Welt wie andere vom Wohn- ins Schlafzimmer. Sir Peter, noblesse oblige, tanzt dabei auf vielen Hochzeiten: Gestern Talkshow-Teilnehmer am Grab des heiligen Petrus in Rom, heute Schauspieler beim Elefantenpolo vor dem Maharadscha-Sommerpalast in Mysore, morgen Ehrengast bei der 70. Geburtstagsfeier des Geigers Rostropowitsch in Paris.

Über sein rastloses Leben hat der polyglotte und weltgewandte Entertainer, Schauspieler, Regisseur, Zeichner, Autor, Rektor der Universität Durham, Ehrendoktor der Gerichtspolizeilichen Akademie von Crook, Unicef-Boschafter usw. Wochenbuch geführt. „Die endlose Reise“ ist der Extrakt seiner wöchentlichen Kolumnen für den englischen European.

„Very british“ ist Ustinovs Humor, seine Reiseessays strotzen vor Biß und Boshaftigkeit, aber auch vor Selbstironie und Altersweisheit. Etwa wenn Sir Peter, immerhin Inhaber eines englischen Passes, sich abquält, den Visumantrag für Australien mit 54 Einzelfragen auszufüllen; oder sich am Istanbuler Flughafen – ungewohnt ungentlemanlike – mit einer Paßkontrolleurin duelliert: „Visum!“ schrie sie. „Ich habe das Lösegeld schon entrichtet“, schrie ich zurück. Sie stand auf und brüllte: „Du Visum!“

Ustinov, der Vielflieger, ein ständiges Thema. Warum müssen Fluggesellschaften ihren Angestellten Höflichkeit und Entgegenkommen eintrichtern, fragt er sich, da diese doch in der Tiefe der menschlichen Natur verwurzelt seien? Auf dem Flug von Sibirien nach Moskau beobachet er, daß infolge von Überbuchung „die Toilettenbecken zu Normalsitzen“ werden. Und bestaunt das irre Tempo des modernen (Flug-)Reisens, das leichte Klimaunterschiede mit sich bringt: eben noch Bangkok, 34 Grad, ein paar Flugstunden weiter Wien, 16 Grad. Minus. Eigentlich, protokolliert der Weltenbummler, sei das „Kaleidoskop der Eindrücke“, die auf ihn in kurzer Zeit einprasselten, eine „Überreizung der Sinne“.

Trotzdem hat Sir Peter unterwegs noch Muße für hintergründige Reflexionen: Der Franzosen Sprachangst vor einem „Virus namens Franglais“ geißelt er als „Sturm im Perrierglas“. Über die Eigenschaften und -arten bestimmter Völker macht er sich so seine Gedanken: die Nächstenliebe und internationale Wohltätigkeit der Norweger, den reifen und nachdenklichen Humor der Deutschen, archaische Tradition und Familiensinn in Thailand.

Und wenn Ustinov endlich mal daheim ist, in den Schweizer Weinbergen am Genfer See? Nimmt er dann eine erholsame Auszeit? Von wegen! Nach jeder Rückkehr von einer längeren Reise wartet auf den gefragten Mann ein riesiger Stapel Post, Einladungen zu Vorträgen, Interviews, Feierlichkeiten, „allein die Faxe ergäben gebunden etwa den Umfang eines Bandes der Encyclopædia Britannica“. Obendrein klingelt ständig das Telefon. Da möchte man Sir Peter schnellstens wieder „gute Reise“ wünschen. Günter Ermlich ‚/B‘Peter Ustinov: „Die endlose Reise“. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1998, 191 Seiten, 16,90 DM

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