: SPD will in der CDU-Koalition die „dominante politische Kraft“ werden
■ Scherf: Koalitionsgespräche mit der CDU schon Donnerstag abschließen / Grüne halten Opposition für ihre „richtige Rolle“
Eigentlich hatte die SPD für den kommenden Montag einen Landesparteitag angesetzt, auf dem das Wahlergebnis analysiert und das weitere Vorgehen beschlossen werden sollte. Gestern vormittag machte SPD-Chef Detlev Albers allerdings schon deutlich, daß der Landesvorstand nach den Erklärungen des Wahlsiegers Henning Scherf wohl Koalitionsverhandlungen mit der CDU beschließen werde; mit den Grünen werde es nicht einmal „Sondierungen“ geben, der Parteitag werde dann möglicherweise ausfallen.
Nach der Präsidiumssitzung in Berlin, auf der die SPD-Spitze dem Bremer Bürgermeister freie Hand für seine Koalitionsentscheidung gegeben hat, sprach Scherf davon, die Koalitionsgespräche könnten am Donnerstag schon abgeschlossen werden; schon vor der Wahl hatte es Hinweise darauf gegeben, daß ein knappes Koalitionspapier fertig im Rathaus liegt.
Knackpunkt wird sicherlich das Abstimmungsverhalten Bremens im Bundesrat sein. SPD-Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner meinte, das Wahlergebnis müsse „seinen Niederschlag in der Formulierung der Bundesratsklausel finden“. Solidarität sei keine Einbahnstraße, hatte auch Bundeskanzler Schröder erklärt und dabei auf die Milliarden-Hilfen aus der Bonner Kasse angespielt. Auch der Bremer SPD-Landesvorsitzende Detlev Albers meinte, er könne sich nicht vorstellen, daß in einer Lage, in der der Bremer SPD nur vier Sitze an der Mehrheit im Landesparlament fehlten, die zentralen rot-grünen Bonner Reformvorhaben an den Bremer Bundesrats-Stimmen scheitern; er nannte Steuerreform, Öko-Steuer und Budgetierung bei der Gesundheitsreform. Generell will aber die CDU, darauf insistierte der stellvertretende Landesvorsitzende Michael Teiser, das Stimmverhalten im Bundesrat nicht dem SPD-Partner überlassen. Die Klausel, daß ein Land sich enthalte, wenn die Koalitionspartner sich nicht einig werden, sei überall üblich, erklärte Teiser. Möglicherweise müssen die einzelnen Bonner Gesetzesvorhaben, bei denen die SPD auf Zustimmung beharrt, mit Kompromißformeln im Koali-tionsvertrag vereinbart werden.
Auf welchen Themenfeldern nun neue Koalitionsverhandlungen notwendig werden, konnte Teiser nicht angeben. Demgegenüber vertrat Albers die Auffassung, daß die SPD sich als „dominante politische Kraft“ in Bremen zurückgemeldet habe, das werde sich auch in der Senatspolitik niederschlagen.
Wenn das Häfen-Ressort wie beabsichtigt aufgelöst und im wesentlichen dem Wirtschaftsressort zugeschlagen wird, dann stellt sich als erstes die Frage, ob es bei sieben Senatsressorts und damit einem Verhältnis 4:3 bleibt. Der CDU-Vertreter Teiser, der als neuer Innensenator im Gespräch ist, konnte sich das gestern noch nicht vorstellen. Albers deutete demgegenüber an, daß die SPD ein „gestaltendes Ressort“ beanspruchen werde; daß Albers hier das Bauressort im Auge hat, deutet seine erklärende Bemerkung an, die „optische Vereinnahmung gemeinsamer Erfolge durch eine Spatenstich-Politik“ dürfe es nicht mehr geben.
Für die Grünen meinte Landesvorstandssprecher Hucky Heck gestern auf der Wahl-Pressekonferenz, die Rolle der Opposition sei „die richtige Rolle“ für die Grünen, man habe „die Rolle der Opposition angenommen“. Gleichzeitig räumte er ein, daß mit einer 10:89-Minderheits-Fraktion in der Bürgerschaft nicht viel zu bewegen sein dürfte. K.W.
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