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Holzknüppel aus dem Verkehr gezogen

■ Konsequenz des 1. Mai: Polizei knüppelt nur noch mit Gummi

Die Entscheidung war überfällig: Als Konsequenz aus den Verletzungen am 1. Mai hat die Berliner Polizei sämtliche Holzsschlagstöcke aus dem Verkehr gezogen. Wie jetzt bekannt wurde, geht die Anordnung auf eine entsprechende Weisung des Chefs der Landesschutzpolizei, Gernot Piestert, vom 4. Mai zurück. Erwogen worden sei dies schon länger, die Vorfälle am 1. Mai hätten nur den letzten Ausschlag gegeben, sagte der Leiter des Führungstabes der Polizei, Alfred Markowski. Beim 1.-Mai-Einsatz in Kreuzberg hatte ein Polizist einer Frau so heftig mit dem Holzknüppel auf den Kopf geschlagen, daß dieser zerbrach. Auch zahlreiche Journalisten hatten sich über Polizeiübergriffe mit Schlagstöcken beschwert.

Besonders rühmlich ist der Verzicht auf den Holzknüppel allerdings nicht. Berlin war das einzige Bundesland, das die rund 3.000 Beamten der Einsatzbereitschaften noch mit diesem Schlaginstrument ausstattete. Wie aus dem Innenministerium in Sachsen zu erfahren war, das den Vorsitz bei der kommenden Innenministerkonferenz führt, sind die Polizeien der übrigen Bundesländer mit Kunststoffknüppeln mit Glasfaserverstärkung ausgerüstet. Diese sollen ab sofort auch zur Standardausrüstung der Berliner Polizei gehören. Auch der Bundesgrenzschutz (BGS) hat die Holzknüppel Anfang der 90er Jahre abgeschafft. „Das Verletzungsrisiko durch das splitternde Holz war einfach zu groß“, so BGS-Sprecher Ivo Priebe. Selbiges gilt auch für die vom Bundesinnenministerium ausgerüsteten Abteilungen der Bereitschaftspolizeien der Länder, die den Holzknüppel kurz nach der Wende abgeben mußten. Einzig die Polizei-Spezialeinheiten in Berlin und den Ländern sind mit dem noch gefährlicheren asiatischen Mehrzweckschlagstock „Tonfa“ ausgerüstet.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert nun für die gesamten Einsatzbereitschaften den Mehrzweckschlagstock. Landesschutzpolizeidirektor Piestert ist aber strikt dagegen, weil er dadurch eine psychologische Aufrüstung der Beamten befürchtet. „Ein Schlagstock ist kein Streichelgerät“, sagt der Leiter des Führungstabes, Alfred Markowski. Die Polizisten müßten sich darüber im klaren sein, daß sie einen Menschen damit schwer verletzen oder sogar töten könnten. „Am besten wäre es, wenn die Polizei ganz ohne Schlagstock auskäme“, meint der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland. Plutonia Plarre

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