: Sozialbereich wird zum Verlierer
■ Damit die Schulen gewinnen, geht es an die Sozialhilfe
Der Jugend- und Sozialbereich ist offenbar wirklich der Verlierer dieser Wahlen an der Weser: Um in den Schulen aufräumen zu können (siehe links), will die neue große Koalition jetzt tatsächlich „vor allem im Sozialbereich“ kürzen. Das bestätigte CDU-Landeschef Bernd Neumann gestern nach einer weiteren Koalitions-Verhandlungsrunde zwischen CDU und SPD. Mit mehr Kontrollen bei Sozialhilfe-EmpfängerInnen wolle man „Mißbrauch eindämmen“, erklärte Neumann.
Zwei Prozent Steigerungsrate für die Sozialausgaben hatte das Sozialressort den Koalitionären eigentlich wegen der laufend hohen Arbeitslosigkeit mit auf den Weg gegeben. Jetzt ist von dieser Zahl keine Rede mehr. „Nullwachstum“ heißt das Ziel. Denn das neue Regierungsprogramm schaffe ja neue Arbeitsplätzen, sagte Neumann. Und wenn dies in der erwarteten Höhe nicht passiere, werde das Sozialressort entsprechend unterstützt. Über die Größenordnung wird aber noch heftig gestritten.
Sozialhilfe könnte es also künftig nur noch nach amtlichem Kontrollbesuch zuhause geben. So sieht es jedenfalls ein Modellversuch vor, der schon vor der Wahl skizziert wurde. Das Ziel: Durch gezielte Ermittlung des Hilfsbedarfs mit mehr Sachbearbeitern Ein-sparungen erzielen – und zum Beispiel per Hausbesuch prüfen, „ob die Miete angemessen ist“, heißt es im Versuchsentwurf. Mit persönlicher Beratung vor Ort seien aber auch die „Selbsthilfekräfte der einzelnen“ zu aktivieren. Denn: „Wir wollen, daß nur die Sozialhilfe bekommen, die es auch wirklich benötigen“, wiederholte CDU-Landeschef Neumann entsprechende CDU-Wahlkampfpamphlete.
Aber auch andere Bereiche kamen nicht gut weg: Wie berichtet sind außerdem weniger Zuwendungen für Freizeitheime, Kitas, Selbsthilfegruppen und Altentagesstätten im Gespräch. Das Sozialressort hatte von den Koalitionären eigentlich den „Erhalt und möglichst Ausbau“ aller öffentlichen und freien sozialen Infrastrukur gefordert. Doch SPD und CDU verzichteten in ihrer Vereinbarung zum Bereich Jugend und Soziales schlicht auf eine entsprechende Erklärung.
Auch für die Kindertagesstätten sieht es nicht gut aus: Nichts Konkretes vereinbarten SPD und CDU über die genaue Betreuungszeit für den rechtlich garantierten Kindergartenplatz für drei- bis sechsjährige – betonten aber dafür die Absicht, nach Ergebnissen des vieldiskutierten Kita-Organisationsgutachtens über eine mögliche Privatisierung nachzudenken. Die Freizeitheime sollten zudem auf freie Trägerschaften übergehen. kat
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