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Ems-Sperrwerk ist überflüssig

■ Umweltverbände argumentieren: Höhere Deiche reichen für Küstenschutz / Regierung spricht von „unseriöser“ Argumentation

Gandersum. Das umstrittene Ems-Sperrwerk bei Gandersum (Kreis Leer) ist nach Ansicht von Umweltverbänden weder für den Küstenschutz noch für die Wirtschaft erforderlich. Ein langfristig besserer Hochwasserschutz an der Ems könne zu einem Bruchteil der Kosten auch mit Deicherhöhungen erreicht werden. Für die Papenburger Meyer-Werft in der Region sei das Stauwehr nicht zwingend erforderlich.

Mit dieser Begründung haben der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und die Umweltstiftung WWF am gestrigen Mittwoch erneut den Bau des Sperrwerks abgelehnt. Die Bewertung ist zugleich Kern einer Stellungnahme der Verbände zu einem neuen Regierungsantrag auf Vollzug der Baupläne in Gandersum.

Der Leiter der Projektgruppe Ems-Sperrwerk, Wolf-Dietmar Starke, wies die Position der Umweltschützer als „unseriös“ zurück. Die Verbände suggerierten leichtfertig, daß der Küstenschutz für die nächsten hundert Jahre sicher sei. Die Sturmfluten von 1962 und 1976 lehrten jedoch, daß es eine absolute Sicherheit für Deiche nicht gebe. Starke, der den niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz in Norden leitet, warf Umweltschützern zugleich Manipulationsversuche in der Natur als Hebel gegen das Sperrwerk vor. Seine Behörde habe Anhaltspunkte für den Verdacht, daß der selten gewordene Nordsee-Schnäpel in der Ems ausgesetzt werden sollte, um gegenüber der EU-Kommission eine besonders schützenswerte Tierart nachweisen zu können.

Eine Sprecherin der Umweltstiftung WWF in Bremen wies den Manipulationsvorwurf zurück; sie bestätigte jedoch frühere Pläne, den Lachsfisch in der Ems wieder heimisch zu machen. Nach einer offiziellen Beantragung bei den Fischereibehörden in Bremerhaven Anfang 1998 sei das „völlig legale“ Vorhaben jedoch wieder fallengelassen worden. Anlaß dafür sei Arbeitsüberlastung gewesen. Das Fischereiamt in Bremerhaven habe sich für unzuständig erklärt. Der Nordsee-Schnäpel wurde nach den Angaben von Biologen noch bis zur Jahrhundertwende in den Flußmündungen von Elbe, Weser und Ems in großen Mengen gefangen.

Nach den Berechnungen der Umweltschützer könnte mit einem Aufwand von rund 54 Millionen Mark bis Ende des nächsten Jahrhunderts der gleiche Hochwasserschutz erreicht werden wie mit dem Sperrwerk. Dessen Kosten sind mit 350 Millionen Mark annähernd siebenmal höher veranschlagt. Für die Meyer-Werft, die künftig ihre großen Neubauten mit Hilfe des Sperrwerks sicherer an die Nordsee überführen soll, sei das Stauwehr nicht dringlich, meinen die Verbände. Die Werft könne die bis 2002 in Auftrag genommenen Kreuzfahrtschiffe gegebenenfalls mit einer Endmontage außerhalb Papenburgs an einen Standort mit tieferem Wasser fertigstellen. dpa

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