: Spät, später, Lehrter Bahnhof
■ In Folge des Wassereinbruchs im Tiergarten-Tunnel wird sich die Eröffnung des Lehrter Bahnhofs bis zum Jahr 2005 verschieben. Kosten erhöhen sich auf fünf Milliarden Mark
Jetzt ist es offiziell: Der Lehrter Bahnhof, das zentrale Verkehrsvorhaben der Stadt und der größte Bahnhofsneubau Europas, kann erst zwei Jahre später als geplant in Betrieb gehen. So werden im Zentralbahnhof statt 2003 erst 2005 erste Reisende einsteigen können, bestätigte gestern der Sprecher der Projektplanungsgesellschaft der Bahn, Siegfried Knüpfer, nachdem seit Wochen sich die Hinweise dazu verdichtet hatten (die taz berichtete).
Zugleich wird der 3,5 Kilometer lange Tunnel unter dem Tiergarten mit vier Röhren für den Regional- und Fernverkehr sowie teilweise für die U-Bahn und die Autostraße B96 um eine dreistellige Millionenhöhe teurer. Bisher waren 4,5 Milliarden Mark vorgesehen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen sich die Mehrkosten auf etwa 500 Millionen Mark belaufen.
Mit verantwortlich für die Verzögerung ist ein Wassereinbruch in einem Teil des südlichen Tunnelabschnitts. Der Wassereinbruch 1997 habe nicht nur zu einer Verzögerung des Tunnelbaus, sondern auch zur Kostenexplosion geführt, erklärte Knüpfer.
Der Lehrter Bahnhof, der allein 800 Millionen Mark kosten soll, wird nach Informationen Knüpfers im Rohbau erst 2003 fertig sein. Im Jahr 2004 könnte dann der Probebetrieb der Verkehrsdrehscheibe anlaufen. Erste Planungen hatten anvisiert, daß schon im kommenden Jahr Züge im Lehrter Bahnhof abfahren.
Für die Fernverbindung in Ost-West-Richtung, die Anhalter Bahn, ist nun 2003 als Betriebsbeginn vorgesehen. Verzögerungen gibt es auch bei der Nord-Süd-Verbindung Richtung Dresden. Sie soll später fertig werden – ursprünglich war das Jahr 2003 geplant. Außerdem werde sie teurer werden als geplant, räumte Knüpfer ein.
Auf der Baustelle laufen auch Vorbereitungen für zwei Projekte, durch die neue Kosten entstehen könnten oder schon entstanden sind. So wurden für die S-Bahn-Linie 21, die womöglich am Lehrter Bahnhof entlanglaufen wird, schon jetzt als vorbereitende Maßnahme 10 Millionen Mark vorsorglich verbaut, erläuterte der Projektleiter für den Lehrter Bahnhof, Gerd Ganschow. Allein die Verlegung der Entlastungsstraße um die Schweizer Botschaft habe eine zweistellige Millionensumme gekostet.
Von den 17 Milliarden Mark, die für Verkehrsprojekte in der Hauptstadt ausgegeben werden sollen, seien schon mehr als zehn Milliarden ausgegeben worden, sagte Knüpfer. Zwar sollen in drei Jahren 90 Prozent aller Baugruben geschlossen sein, die Grube am Reichstag wird aber erst 2001 „gedeckelt“ – der Kanzler wird also anfangs noch in Gummistiefeln in sein Kanzleramt stapfen müssen. Philipp Gessler
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