: 700.000 dubiose Vorgänge bei der Deutschen Bank
■ Beihilfe zur Steuerhinterziehung? Offenbar wußte der halbe Vorstand von Geldtransfers
Frankfurt (taz) – Die doch schon etwas älteren Herren um den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, der sich nach der Fusion mit dem US-Kreditinistitut Bankers Trust Corp. (BT) gerne US-like Rolf E. Breuer nennt, sind vergeßlich. Auch deshalb kann die Staatsanwaltschaft in Frankfurt heute einen „Anfangsverdacht“ hegen: Gegen Breuer und seine Vorstandskollegen Tessen von Heydebreck (Privatkundengeschäft), Carl L. Von Boehm-Bezing (Firmenkunden) und den Verantwortlichen für den Bereich Controlling, Jürgen Krumnow.
Denn sie alle und auch die ehemaligen Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank, Ulrich Weiss und Georg Krupp, haben diverse „Gesprächsnotizen und Zettel“ in den Vorstandsakten hinterlassen. Und aus deren Lektüre, so die Staatsanwaltschaft, gehe hervor, daß offenbar der halbe Vorstand wußte, daß Mitarbeiter der Deutschen Bank ihren Kunden halfen, größere Beträge in Länder zu transferieren, die keine Steuern auf Zinsgewinne erheben.
„Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ heißt das bei Oberstaatsanwalt Job Tillmann in Frankfurt. Sein Problem: „Jetzt müssen wir den Beweis dafür antreten, daß von der Deutschen Bank tatsächlich Vermögen von Kunden anonym in Steuerparadiese verschoben wurden. Denn ohne Haupttat gibt es keine Beihilfe.“
Allzu schwer dürfe die Beweisführung allerdings nicht fallen. Rund 400 Kunden haben sich nach der Durchsuchung von Geschäftsräumen der Deutschen Bank in ganz Deutschland vor einem Jahr bereits selbst angezeigt, um strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Sie waren mit Bargeld zu ihrer Hausbank gekommen und hatten sie als stolze Inhaber von – zinssteuerfreien – Konten in Luxemburg und der Schweiz wieder verlassen.
Einzelfälle seien das sicher nicht gewesen, so Tillmann im Gespräch mit der taz: „Die Anonymisierung von Transfers ins Ausland“ sei von Mitarbeitern der Deutschen Bank „systematisch betrieben“ worden. Rund 700.000 weitere Vorgänge, festgehalten auf Datenträgern, seien noch auszuwerten. Die Höchststrafe für Beihilfe zur Steuerhinterziehung: 45 Monate Gefängnis.
Die Führungsspitze der Deutschen Bank wies alle Anschuldigungen zurück. Und Oberstaatsanwalt Tillmann nannte das Verhalten der Deutschen Bank im Rahmen der laufenden Ermittlungsverfahren „kooperativ“. Einblicke in Akten und Buchungsunterlagen würden „ohne Zeitverzögerung“ gewährt. Wegen der Datenfülle, so Tillmann, sei eine Ende der Ermittlungsarbeiten aber noch nicht abzusehen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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