Schröders kleine Chance

■ G 7 bestehen auf AKWs für Ukraine, verschieben aber endgültige Entscheidung

Köln (dpa/taz) – Bundeskanzler Gerhard Schröder wird es schwer haben, die ukrainische Regierung davon zu überzeugen, daß als Ersatz für den Katastrophenreaktor Tschernobyl umweltfreundlichere Alternativen in Frage kommen als die bislang geplanten neuen Atommeiler russischer Bauart. Zwar verschoben die G-7-Vertreter auf dem Kölner Gipfel die endgültige Entscheidung über die Finanzierung der neuen AKWs. Sie erklärten aber, daß die „termingerechte Abschaltung von Tschernobyl Priorität“ habe vor der Frage, ob Gas- oder umgerüstete Kohlekraftwerke nicht doch die bessere Lösung wären. Kurz: Wenn die Regierung in Kiew auf Atom besteht, wird sie auch Atom bekommen.

Der ukrainische Außenminister Boris Tarasjuk nutzte die Vorlage und sagte, Verzögerungen bei der Kreditvergabe würden die Stilllegung Tschernobyls verschieben. Nicht nur deswegen sei die Haltung der bundesdeutschen Regierung von „schwer zu begreifender Logik“. Gas- oder Wärmeenergie seien keineswegs umweltfreundlicher zu gewinnen als Atomenergie. Außerdem habe sein Land bereits Kraftwerke wegen Gasmangels abschalten müssen.

Kein Wunder, daß sich Schröder, den der Bundestag am Donnerstag mit einem klaren Votum gegen eine westliche Kreditfinanzierung von Atomkraftwerken unter Druck gesetzt. hatte, nur zurückhaltend über die Erfolgsaussichten seiner Mission äußerte: „Ich muß erst die Gespräche führen“, sagte er. Die G 7 wollen sich Ende Juli entscheiden. Die grüne Bundestagsabgeordnete Michaele Hustedt machte noch Chancen aus, die Atomkredite zu verhindern. Schröder müsse eben in Kiew „ein echtes Alternativangebot“ vorlegen.

Die G-7-Staaten hatten 1995 in einem sogenannten Memorandum of Understanding mit der Ukraine erklärt, dem Land bei der Schaffung von kostengünstigem Energieersatz zu helfen. Dafür sollte Tschernobyl bis zum Jahr 2000 endgültig stillgelegt werden. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte kürzlich ein Gutachten vorgelegt, nach dem sich das Memorandum aber nicht auf neue AKWs festlege. bw