Die Vorschau
: Tourneefaule auf Tour

■ Die australischen „Cannanes“ spielen im Tower Songs wie alte Briefe – „Steward“ liefert die neueren Antwortschreiben

Die Cannanes sind eine dieser Bands, deren Name über einen eingeschworenen Freundeskreis hinaus nichts als Schulterzucken evoziert. Klar, es handelt sich um einen klassischen Insidertip, und wären die Cannanes nicht so eminent unspektakulär, dürften wir sie sicherlich obendrein auch eine Kultband nennen. Für ungeneigte Menschen mögen diese ganzen australischen Popbands, von denen die Cannanes auch eine sind und zumindest die Go-Betweens einen gewissen Ruhm erlangt haben, mal wieder alle gleich klingen. Aber erstens ist das ohnehin kein besonders gutes Argument, denn wenig ist schließlich dagegen einzuwenden, wenn es denn alles gleich gut klingt, und zweitens ist erstens einfach nicht der Fall. Denn wie im Punk gibt es eben Bands, welche die Fähigkeit besitzen, mit den unspektakulären, altbekannten Mitteln eines Genres etwas zu schaffen, was die Möglichkeiten in bislang unerkannte Winkel hinein ausleuchtet.

Pop, janglige Schrammelgitarren, ein bisweilen ins Holpern geratendes, gleichwohl swingendes Schlagzeug. Und dazu singen ungeschulte Stimmen Histörchen über Idiosynkrasien des Alltags. Kleine Mitteilungen, fast flüchtig hingeworfen, nicht noch einmal überarbeitet und mit Feinschliff versehen. Wie Briefe in der leicht hakeligen Handschrift eines alten Freundes oder einer Freundin, die Geschichten erzählen, von besseren, älteren Zeiten in Canberra, rezentem Ungemach oder gemeinsamen Bekannten, von denen wir schon eine ganze Weile nichts gehört haben. Oft skurril, ironisch, albern, nicht selten aber auch mit dem Gestus juveniler Verzweiflung. 'Take me to the hotel Johanna (and let's trash the joint)' heißt ein Song bei den Cannanes, dessen Unruhe von einer Geige unterlaufen wird, die ganz locker in den Song hineinspaziert, daß die Sonne nur so aufgeht. Sie schaffen auch, wenn es Not tut, eine Bläser-Sektion herbei, um einem allzu bekümmert vor sich hin kümmernden Song ein wenig emotionalen Halt und Hoffnungsschimmer zu verleihen.

Mindest ein halbes Dutzend Platten haben die Cannanes bereits mit derlei Stoff gefüllt. Kennen tut sie, außerhalb einiger klandestiner Pop-Zirkel, trotzdem keiner.

Und die Cannanes sind auch nicht gerade die Fleißigsten, wenn es darum geht, sich gewissermaßen marktgerecht zu präsentieren. Die Lust, auf Tour zu gehen, kommt sie eher selten an, und einige ihrer schönsten Songs verbannten sie auf obskure Singles. Jetzt geben sie aber doch Gelegenheit zu Begegnungen, und die Tower-Bar ist bekanntlich einer jener Orte in Bremen, wo bei eher niedrigem Kostenaufkommen alte Wissenslücken und neue Bekanntschaften geschlossen werden können. Bei dieser Gelegenheit könnt Ihr auch gleich noch „Steward“ kennenlernen, über die wir noch weniger wissen. Nur, daß sie Britpop Bekanntschaft schließen lassen mit den Errungenschaften der Elektronik und Lofi-Attitüden.

Andreas Schnell

Dienstag ab 21 Uhr in der Tower-Bar.