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Der Natur abgeschaut

■ Vorbilder für die elektromechanischen Laufmaschinen sind Mäuse, Hunde und Insekten

Auf vier Beinen wackelt Bisam geradeaus. Drehen kann sich die Laufmaschine noch nicht – wenn das schäferhundhohe Aluminiumgerüst einmal quer über den Demonstrationsteppich gegangen ist, muß ein Student das Roboterwesen umdrehen.

Noch ist Bisam ein nacktes Gerüst aus Stangen, Scharnieren und Kabeln; Stromversorgung und Computersteuerung wird extern erledigt. Doch die Ingenieure der Technischen Hochschule in Karlsruhe und die Zoologen der Universität Jena haben schon einiges gelernt von diesem Gerät. Etwa: Man sollte nicht vom Naheliegenden ausgehen.

Das war für die Roboterforscher, die ihr Gerät derzeit in Jena auf dem Kongreß des IARP (International Advanced Robotics Program) vorstellen, ein Hund. Doch ein Hund ist bereits ein ziemlicher Spezialist. „Die Generalisten, das sind die kleinen Säugetiere: Mäuse und Ratten“, erklärt Hartmut Witte, Mediziner und Ingenieur am Institut für spezielle Zoologie in Jena. Von denen könne man daher mehr lernen. So wie eine Maus, ein Beuteltier oder ein Meerschweinchen läuft, daran hat sich trotz getrennter Evolutionswege über 200 Millionen Jahre parktisch nichts geändert. „Deswegen wird der Nachfolger von Bisam I keine gestreckten Beine haben, sondern gezackte.“ Allerdings ahmen die Techniker schon längst nicht mehr die Natur einfach nur nach, sondern versuchen, die Biomechanik eher als Inspiration zu nutzen. Anders als übliche Ingenieurskunst in Motoren und Getrieben sind Lebewesen nachgiebig: So sind sie besser gegen Stöße gedämpft, und es gelingt ihnen, Bewegungsenergie in den Beinen zu speichern. „Das verringert – salopp gesagt – den Spritverbrauch“, erklärt Witte.

Und wenn die Laufmaschinen wirklich autonom sein sollen, sind die schweren ineffektiven Batterien ein großes Hindernis. Außerdem konnten die Zoologen feststellen, daß Tiere ihre Bewegung nicht ständig durch ihr zentrales Nervensystem regulieren, sondern bereits durch die Anlage der Muskeln ein Großteil des Steuerungsaufwandes vermieden wird. Allerdings ist hier vieles noch unverstanden.

Sehr viel besser erforscht sind die Sechsbeiner nach dem Vorbild der Stabheuschrecke. Diese haben zwei Vorteile: Die Stabheuschrekke bewegt sich langsam und hat kein Fell – war daher also leicht zu beobachten (bei Säugetieren muß heute teilweise mit hochauflösenden Röntgenaufnahmen gearbeitet werden). Außerdem erlaubt ihr Gang stets ein statisches Gleichgewicht, weil die Heuschrecke in jedem Bewegungsabschnitt auf drei Beinen fest steht.

Bislang gibt es noch kaum Anwendungen, ausgenommen Rohrkrabbler wie der Achtbeiner von der TU München. Am anspruchsvollsten ist sicher die Konstruktion von Zweibeinern. Dafür bieten sie die vielversprechendsten Anwendungen in der Medizin: etwa Laufhilfen für Querschnittsgelähmte, sogenannte Exoskelette. In einem allerersten Schritt entwickelte Gerhard Schweitzer von der ETH Zürich ein einfaches Produkt: eine „intelligente Beinprothese“, die ihre Gelenkbewegung dem Gang des Trägers anpaßt. urb

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