: Volksfest für letzten Luxusliner
■ Die „Superstar Virgo“ wird am Sonnabend als letztes Schiff ohne Emssperrwerk überführt / Gegner äußern neue Vorwürfe
Ein Riesenvolksfest und tausende Zuschauer werden am Sonnabend die „Superstar Virgo“ von der Papenburger Meyer-Werft verabschieden. In zwei Schüben wird der Passagierdampfer ins niederländische Eemshaven an die Nordseeküste geschleppt. Der Koloß ist der letzte geplante Luxusliner, der ohne Emssperrwerk den Fluß passieren kann. Die nächsten Schiffe benötigen eigentlich einen Aufstau der Ems durch das umstrittene Sperrwerk.
100.000 Schaulustige erwartet die Meyer-Werft entlang des 20 Kilometer langen Emsdeiches zur Küste. Ministerpräsident Gerhard Glogowski und Mitglieder seines Kabinettes werden auch dabei sein. Sie wollen ein Zeichen „pro Sperrwerk“ setzten. Aus dem Bauwerk ist nämlich ein Politikum geworden. Das Gericht verhängte einen Baustop. Die Bezirksregierung Weser-Ems prüft derweil einen neuen Antrag zum sofortigen Baubeginn, gegen den 14 Stellungnahmen und Einwände vorliegen. Diese gerichtlichen Auseinandersetzungen verzögern den Sperrwerk-bau um fast ein Jahr. Und unabhängig von dieser Prüfung tauchen immer wieder neue Einwände gegen das Sperrwerk auf.
Zum Beispiel der Vorwurf von EU-Kommissar Karl van Miert, das Sperrwerk stelle eine unzulässige Subentionierung der Meyer-Werft dar. Diesen Vorwurf versuchte die Landesregierung zu entkräften indem sie Brüssel vorschlug, Meyer Gebühren für den Staufall der Ems abzuknöpfen. Dazu ist sie allerdings gar nicht befugt, denn die Ems ist eine Bundeswasserstraße. „Wir haben mit diesem Vorschlag mal in Brüssel vorgefühlt. Ob das wirklich so geht, muß der Bund entscheiden“, erklärt Oliver Stock, Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums.
Wenn die Meyer-Werft Gebühren für das Stauwerk zahlen soll, liegt die Vermutung nahe, sie auch für die Emsvertiefung auf 7,30 Meter zahlen zu lassen, sagt dazu Sperrwerksgegner Reimer Campen aus Norden. Keine andere Firma profitiert derzeit von den Vertiefungen. Aber das bestreitet das Wirtschaftsministerium: „Im Planfeststellungsbeschluß steht eindeutig, daß eine Tiefe von 7,30 Meter vorgehalten werden muß. Meyer muß auch im Staufall nur zahlen, wenn seine Schiffe tiefer als 7,30 Meter liegen“, sagt der zuständige Sprecher Oliver Stock.
Die Gegner halten das aber „für unsinnig. Es wird ja nur für Meyer gebaggert. Danach läßt man die Ems wieder zulanden“. Das bestätigt auch Gerd Flügge vom Bundesamt für Wasserbau: „Man kann in der Ems keine 7,30 Meter vorhalten. Das wäre viel zu teuer. Gut einen Monat nach den Ausbaggerungen für die Meyerwerft sandet der Fluß wieder auf gut 6,30 Meter zu“.
Und noch eins bringt Umweltschützer Campen auf die Palme: „Ich habe den Umschlag des Papenburger Hafens vor und nach den Emsvertiefungen verglichen. Seit 20 Jahren ist der Umschlag im wesentlichen gleich geblieben. Nur der Transport von Torf ist sprunghaft gestiegen und der wird mit kleineren Schiffen abgewickelt. Die Vertiefungen der Ems haben also wirtschaftlich für die Region nichts gebracht, sie haben nur den Fluß zerstört.“
Thomas Schuhmacher
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