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Tach auchÜber Blutbohnen

■ Die neue kleine sowie erbauliche Montagskolumne der taz / 33. Versuch

Wissen Sie, was Paradigmenwechsel ist? Seit der schweinefleisch-essende Kanzler aller Autos das Wort gegenüber der Weltöffentlichkeit in den Mund nimmt, glaube ich, daß man dieses Wort kennen und verstehen sollte. Hier also ein Beispiel für gelebten Paradigmenwechsel: Letzte Woche machten auf dem Ökomarkt im Ostertor Gesunde-Milch-und-fairer-Kaffee-Freunde einen Aktionstag, an dem man raten durfte, wieviele Bauernhöfe es in Bremen gibt (250). Auch sollte man mit dem Hammer eine sogenannte „Blutbohne“ zerschlagen. Blutbohnen sind Kaffeebohnen, die nicht fair gehandelt werden, in diesem Fall Arco-Kaffee. Fairer Kaffee kommt z.B. aus Nicaragua. Doch wer stand nicht am Ökostand? Wer schüttelte keine kernseifsaubren Hände? Wer trat nicht ans Mikro und versprach, nur noch fairen Kaffee zu trinken? Der Bürgermeister! Der alte Sandinist! Gleichzeitig verschenkte auf dem Marktplatz ein Bremer Blutkaffeeröster 3.000 Tassen Kaffee incl. Tasse pro Stunde im Rahmen einer strunzbescheuerten „Bremer Kaffee-Wette“. Und wer ließ sich rumreichen, vors Mikro zerren, wer schüttelte Hände und versprach, lebenslang Blutkaffee zu trinken, falls er die strunzbescheuerte Kaffeewette verliert? Der Bürgermeister! Der alte Sandinist! Das, liebe Kaffeetanten und -onkels, nennen wir „Paradigmenwechsel“.

Nach dieser Belehrung nun ein Wort zur Neuen Mitte. Wer immer auf die Mitte starrt, fängt an zu schielen.

Nach diesem Aphorismus ein Wort zum Schielen. Man kann nach innen und nach außen schielen. Ich kenne einen Herrn namens Seifenkistchen (Name von mir geändert), der schielt so nach außen, daß Leute, die mit ihm ein Gespräch führen, nach zehn Minuten feststellen, daß Herr Seifenkistchen mit einer anderen Person gesprochen hat, die er auch anguckte. Herr Seifenkistchen kann auch zwei Leute gleichzeitig mit einem wohlwollenden Blick belohnen. Oder gegenüber einem Sackgesicht die Sau rauslassen und hinterher sagen, er hätte einen Dritten gemeint.

Das Schielen nach außen muß man also loben. Das Schielen zur Mitte aber sollte man geißeln, geißeln, geißeln.

Burkhard Straßmann

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