: Belgien fürchtet Attentate der algerischen GIA
■ Islamisten drohen mit Blutbad, um inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen
Madrid (taz) – Ein schwarzes Jahr für Belgien: Nach dem Skandal um Dioxin und verseuchte Coca-Cola droht jetzt islamistischer Terror. „Wir geben Belgien 20 Tage, um die Folterungen unserer inhaftierten Heiligen Krieger einzustellen und sie freizulassen“, heißt es in einem Schreiben der radikalen algerischen Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA), das am Sonntag die in London erscheinende arabischen Tageszeitung Al Hayat veröffentlichte. Unterzeichnet hat das Kommuniqué Abou Hamza el Afghani. Er ist Chef der „Phalanx der Märtyrer in Europa“, einer Unterabteilung der algerischen Extremisten unter Führung von Antar Zouarbi. Sie sind für einige der blutigsten Massaker in Algerien sowie für Anschläge in Frankreich verantwortlich.
„Falls unsere Forderungen nicht erfüllt werden, wird das Land und seine Bevölkerung ein Blutbad erleben“, drohen jetzt die Islamisten. Jeden Tag nach Ablauf des Ultimatums wollen sie „Massaker verüben, Kirchen und Gebäude zerstören“. „Die Drohungen müssen ernstgenommen werden“, erklärte Belgiens Innenminister Luce Van de Bossche. Er rief mehrere Arbeitsgruppen sowie einen Krisenstab ins Leben.
Elf GIA-Mitglieder sitzen in belgischen Gefängnissen. Anführer Farid Melouk wurde vor einem Monat zu neun Jahren Haft verurteilt. Ihm droht die Abschiebung nach Frankreich, wo er als einer der Hintermänner der Anschlagswelle auf den Pariser Nahverkehr 1995 zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Zwei seiner engsten Vertrauten erhielten jeweils fünf Jahre Haft.
Das Innenministerium geht davon aus, daß die GIA im Ausland spektakuläre Erfolge sucht, seit sie durch den Gewaltverzicht der Armee des Islamischen Heils (AIS) und die Aussöhnungspolitik von Präsident Abdelaziz Bouteflika in Algerien isoliert wurde. Der belgische Krisenstab soll auch mit ausländischen Diensten Kontakt aufnehmen. Außerdem wird die legendäre „Interforce“ wieder aktiviert. Das Sondereinsatzkommando aus Gendarmerie, Polizei und Gerichtspolizei entstand in den 80er Jahren im Kampf gegen die Celulles Communistes Combatantes (CCC), der belgischen Schwesterorganisation der deutschen RAF. Reiner Wandler
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