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Berti, du bist unschuldig

■  Die deutschen Medien haben ein Problem, sich mit dem Ereignis Frauenfußball-WM auseinanderzusetzen

Schuld ist nicht Berti Vogts (52) – jedenfalls nicht allein. Schade, das würde die Sache natürlich erheblich vereinfachen. Es ist aber leider nicht nur der ehemalige DFB-Trainer, der derzeit als ARD-Analytiker kein richtiges Verhältnis zu dem Ereignis Frauenfußball-WM in den USA findet.

Alle berichtenden Medien tun sich schwer. Bei Vogts („Die spielen ja Mann gegen Mann“) fällt es natürlich stärker auf. Weil er neben seinen sonstigen Problembereichen auch noch damit umzugehen hat, daß – vereinfacht dargestellt – a) er nicht mehr DFB-Trainer ist und b) Frauen keine Männer sind und c) er bei der Lektion „weibliche Endungen“ in der Schule gefehlt hat.

Letzteres zumindest haben seine ARD-KollegInnen einigermaßen im Griff. Allerdings darf man getrost annehmen, daß Vogts' Konversationspartnerinnen Kreutzer (BR) und Will (SFB) nicht „Hurra“ geschrien haben oder wegen besonderer Fachkenntnisse ausgewählt wurden. Sondern weil Waldemar Hartmann ja nicht blöd ist. Immerhin: Die Spiele finden meist in der deutschen Nacht statt und können also von ARD und ZDF live übertragen werden. Und wie es deutsche Sitte ist, sind wenigstens die Reporter dabei, sich im Turnierverlauf zu finden und zu steigern.

Im übrigen haben sämtliche deutschen Sportredaktionen Probleme, das Thema ansprechend aufzuarbeiten. Natürlich hat diese Frauenfußball-WM nicht erste Priorität. Allerdings kann man argumentieren, daß an einem spannenden Ort etwas Neues anfängt, sowohl als Event als auch als Spiel richtig interessant zu werden.

Von den relevanten Qualitätszeitungen haben aber weder Süddeutsche noch taz einen Redakteur entsandt, und selbst bei der FAZ, die eigentlich alles selbst besetzt, sagt man, man könne ja „nicht alles besetzen“. Auch der traditionell frauenapathische kicker sitzt zu Hause und läßt sich pro Ausgabe eine lieblose Seite im hinteren Blatt zuliefern. Und Bild ist in Ermangelung dessen, was man für lohnenswerte Penetrierbereiche hält, lieber zu Hause geblieben und begnügt sich damit, in Agentur-Texten das Wort „Fußballerinnen“ durch „unsere Fußball-Mädels“ zu ersetzen.

Alle haben dasselbe Problem: ein Verhältnis zu einem Gegenstand zu finden, mit dem sie sich lieber nicht beschäftigen. Wer es muß, drückt seine Hilflosigkeit und den Mangel am üblichen Reservoir von Zahlen, Spielen, Geschichten und Mythen gerne durch Herstellung sinnloser Zusammenhänge aus. Er flieht nach Hause, zu den Männern und redet wie ARD-Kommentator Schmelzer vom „weiblichen Matthäus“, dem „weiblichen Ronaldo“ und so weiter. Oder rechtfertigt sich gleich für die Berichterstattung wie Michael Steinbrecher im „Aktuellen Sport-Studio“: „Da sage noch einer, Frauenfußball ist etwas für Softies.“

Selten erreicht die Berichterstattung eine fachliche Ebene und beschäftigt sich auch nur mit der Frage, ob die DFB-Frauen in der Verteidigung nun mit Viererkette spielen oder nicht. So ist die große, hingebungsvolle und inhaltlich völlig zutreffende Aufarbeitung der neuesten Vogtsschen Misere als schwitzender Fernsehschaffender auch nur eine möglicher Ausdruck des eigenen Problems, sich dem fremden Gegenstand Frauenfußball zu nähern. Berti ist da einfacher – da weiß hierzulande nun wirklich jeder Bescheid. Peter Unfried

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