Klofrau und Weihnachtsmann

Nicht nur in der vorlesungsfreien Zeit: Die „Jobberhöhle“ des Hamburger Arbeitsamts vermittelt Studierende in Lohn und Brot  ■ Von Oliver Lück

Die Mikrofon-Stimme hört sich nett an: „Gesucht wird eine Toilettenkraft. Heute von 16 bis 23 Uhr. 17 Mark die Stunde. Gute Deutsch-Kenntnisse vorausgesetzt.“ Eine junge Frau meldet sich und bekommt den Zuschlag. Nächster Aufruf: „EDV-Kenntnisse, gepflegtes Erscheinungsbild, 18 Mark die Stunde. „Würde ich machen“, sagt Wenzel Waschischeck*, ohne lange zu überlegen, „leider sollen Bürokräfte meistens weiblich sein.“ So auch in diesem Fall, und für den Völkerkunde-Studenten im 9. Semester geht das Warten weiter.

„Bauhelfer, 16 Mark. Eine Sandstrahlanlage soll mit Sand bestückt werden.“ Nichts für Waschischeck – der 27jährige hofft auf ein geregeltes Einkommen mit vertraglicher Festanstellung. Die Idee, sich dabei durch eine kostenlose Jobvermittlung helfen zu lassen, sei trotzdem gut. Immerhin habe der Gang zur „Jobber-Höhle“, der Hamburger Studentenvermittlung des Arbeitsamtes, seiner Freundin eine mit 17 Mark gut bezahlte Stelle als Telefonistin beschert. Dort arbeitet sie nun regelmäßig – halbtags nach der Uni, rund 28 Stunden die Woche.

Ungewöhnlich ist das nicht. Ein Einzelfall schon gar nicht. Ob zum Leben, für Studienzwecke oder die Wochenend-Party – immer mehr JungakademikerInnen müssen neben Referaten und Klausuren malochen; die Stellenmakler haben im Semester kaum weniger zu tun als in der vorlesungsfreien Zeit. Und weil die Neuregelung der 630-Mark-Jobs Studierende für ArbeitgeberInnen besonders attraktiv macht, verteilen Philosophie-StudentInnen Tabakprobierpäckchen in einschlägigen Szenekneipen, ordnen GermanistInnen in langen Abendstunden Versicherungsakten ...

Christian Brettschneider, Medienwissenschaftler im 7. Semester, hält sich seit knapp drei Jahren mit Aushilfstätigkeiten über Wasser und hatte zumeist Glück. Wie bei der Autovermietung, die ihn für 18 Mark die Stunde beschäftigte: „Da durfte ich sogar Wagen ins Ausland überführen“, schwärmt der 26jährige. „Das wurde mit einer super Pauschale bezahlt.“ Weniger gerne erinnert sich der gebürtige Frankfurter an den vergangenen Winter, als er eineinhalb Monate lang Handlangertätigkeiten für eine Baufirma ausübte. „Bezahlt wurde mit 20 Mark zwar gut. Es war aber auch eine heftige Schufterei.“

Handels-, Bau- und Handwerksbetriebe suchen immer wieder – Knochenarbeiter bevorzugt: am Fließband ackern, Umzugskartons schleppen. „Das ist der Alltag“, beschreibt Wolfgang Jantz, Leiter der Jobber-Höhle, was die rund 100 arbeitssuchende Studenten erwartet, die täglich in den frühen Morgenstunden hier warten. Etwa 200 Tagesjobs, saisonale Angebote und dauerhafte Tätigkeiten werden am Tag offeriert. „Bei einem Lohn von 15 Mark aufwärts“, betont Jantz, „für weniger arbeiten die Studis nicht.“

Von Mitte Oktober an suchen die MitarbeiterInnen des Arbeitsamtes übrigens wieder nach dem klischeehaftesten aller Studi-Jobs. Wer sich zu Weihnachtsmann oder -frau berufen fühlt, sollte sich dann allerdings sputen, die Nachfrage ist groß. Eine sonore Stimme, gegebenenfalls ein weißer langer Bart, auf jeden Fall der rote Rock und eine gewisse Freundlichkeit im Umgang mit Kindern können bis zu 60 Mark pro Auftritt bringen. Jan Rödel, 27jähriger Außenwirtschafts-Hörer im 3. Semester und Profi-Geschenkebringer: „Und das, obwohl kaum noch einer an den Opa im roten Mantel glaubt.“

*Namen geändert.

Jobber-Höhle, Nagelsweg 9, Tel.: 24 85-0