piwik no script img

Querspalte

■ Diepgen rennt. Aber warum?

 Schön, daß man das auch mal erfährt: Die UNO hat 1999 zum Internationalen Jahr der Senioren ausgerufen. Die Berliner CDU macht währenddessen Jagd auf die Stimmen der Jugend, die sie zunächst – damals war's im alten Berlin vor zwei, drei Monaten – mit einer Fake-Version des „Lola rennt“-Filmplakats für ihren Bürgermeister interessieren wollte. Statt der rothaarigen Lola, die vermutlich eher für die PDS oder die Grünen oder für gar niemanden außer sich und ihren problematischen Freund hin und her lief, rannte Eberhard Diepgen unter dem Titel „Diepgen rennt“ eine Weile auf den Fake-Plakaten hin und her. Dann wurde das Plakat auf Betreiben des Regisseurs Tom Tykwer verboten. Tykwer hat mit der CDU nun gar nix zu tun, sondern vielmehr letztes Jahr mit viel Geld Schlingensiefs „Chance 2000“ unterstützt.

 Irgendwie war die Idee, Diepgen auf Plakaten rennen zu lassen, eh etwas obskur. Wozu rennt der denn, wenn sein Herausforderer, der Momper (SPD), an dessen Amtszeit sich die Älteren unter uns möglicherweise noch erinnern werden, eh nur bei 20 Prozent liegt? Das ist doch völlig albern und unsinnig! Und daß er dann auch noch auf dem Wagen der Jungen Union bei der Love-Parade mitmachen wird, ist ja nun völlig albernes Berufsjugendlichentum, anderereits vielleicht auch wieder sehr witzig. Man sollte ihm vielleicht noch ein Ecstasypillchen geben, damit das Lächeln auf den Fotos für die Jugend gut rüberkommt. Der Mann wird doch leiden inmitten des Lärms. Das ist zu hoffen – und ebenso, daß Diepgens Überraschungsgegenkandidat, der fidele Dieter Kunzelmann, sich die Chance nicht entgehen läßt, das Diepgen wieder mit Bio-Eiern zu ärgern.

 Die technojuvenile Reklameagentur, die für meinen Bürgermeister wirbt, hat nun übrigens tausend Stück des Turnschuhs „Ebi“ in unterstützlerischer Absicht auf den Markt geworfen. „Ebi“ kann man im Internet bestellen. Kraß! Megakultig! Einfach cool! Mein Bürgermeister ist ein Diminuitiv zum Anfassen, Drauftreten und Mitlaufen. Statt: „Ist dem Bürgermeister etwas fad, macht er hart, den Eberhardt“, heißt es nun ... Fällt mir nix ein. „Er dachte immer nur: Beleidigen, beleidigen!“ (Dostojewski, „Schuld und Sühne“) Huhu!! Weiß einer einen beleidigenden Reim mit Ebi?

 Ebi & Obi vielleicht? Da ist das Feuerzeug der Büdesheimer CDU („Hier gehts um Büdesheim“) doch irgendwie besser. Detlef Kuhlbrodt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen