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„Slobo, hau ab“ – die Parole der Opposition in Serbien

■ Die Proteste gegen Milosevic wachsen. Die Forderung heißt: Bildung einer Übergangs-regierung und freie Wahlen. UN-Flüchtlingskommissarin braucht mehr Geld im Kosovo

Belgrad (dpa/AFP) – Immer mehr serbische Parteien, Verbände und Intellektuelle verlangen den Rücktritt des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic und umgehende Reformen. „Slobo, hau ab“ und „Weg mit den Dieben“ ertönte es tausendfach bei den Nachkriegskundgebungen der Opposition in Cacak, Novi Sad und Leskovac. In Leskovac gingen am Montag etwa 20.000 Demonstranten auf die Straße. Gestern abend wollten in Uzice südlich von Belgrad Dutzende von Oppositionsparteien demonstrieren. Sie fordern die Bildung einer Übergangsregierung und freie Wahlen unter Aufsicht der OSZE.

„Der Rücktritt von Miloševic wäre Balsam für die offenen Wunden Serbiens“, hieß es gestern im Aufruf der unabhängigen Gewerkschaften. Und Serbien hat viele Wunden. Wichtige Industriebetriebe, Brücken und Wohnungen sind zerstört. Die Zahl der Arbeitslosen ist drastisch gestiegen. Zehntausende Serben sind aus dem Kosovo geflüchtet. Auch die Spitze der serbisch-orthodoxen Kirche verlangt den Rücktritt von Miloševic. „Wir wollen die versteckte demokratische Energie wecken“, sagt Vladan Batic von der „Allianz für Veränderungen“.

In Belgrad haben Rentner gegen die „Hungerrenten“ demonstriert. Unzufriedene Armeereservisten waren die ersten, die trotz Versammlungsverbots wichtige Straßen blockierten, um die Auszahlung ihres Solds einzufordern. „Während ich im Kosovo blutete, hat der Miloševic-Sohn Marko seinen Vergnügungspark in Pozarevac für zehn Millionen Dollar erbaut“, schimpfte ein Reservist in Leskovac. Ob die Proteste Erfolg haben, ist fraglich. „Miloševic ist ein Meister der Manipulation, und er ist bereit, das ganze Volk ins Verderben zu stürzen, nur um seine Macht zu erhalten“, warnt die Soziologin Zagorka Golubovic.

Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, hat an die Geberländer appelliert, schnell Geld für die Aufgaben im Kosovo bereitzustellen. „Ich habe Geld für etwa eine Woche“, sagte Ogata gestern in Priština. Besorgt zeigte sich Ogata über den Exodus der Serben aus dem Kosovo. Der Schutz der Roma vor Übergriffen sei eine der schwierigsten Aufgaben. Kosovo-Albaner werfen der Minderheit Kollaboration mit serbischen Einheiten bei Plünderungen und Vertreibung vor.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) begann mit den Vorbereitungen für die Rückkehr der Flüchtlinge. Die IOM betonte, sie werde gemeinsam mit den Aufnahmeländern die „freiwillige Rückreise“ der Kosovo-Albaner organisieren. Die IOM und das UNHCR hatten insgesamt 91.057 Flüchtlinge aus Makedonien ausgeflogen. Deutschland nahm mit 14.689 die größte ZahlFlüchtlinge auf.

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