: Kosovo-Albaner – ab morgen wird zurückgeschickt
■ Die Rückführung der 15.000 Flüchtlinge aus Deutschland beginnt. Zuerst fliegen die Kosovo-Albaner nach Hause, die das auch wollen – und das sind überraschend viele
Mit einer ersten Gruppe von 159 Vertriebenen beginnt morgen die Rückführung der insgesamt 15.000 in Deutschland aufgenommenen Kosovo-Albaner. Die freiwilligen Heimkehrer sollen am Morgen vom Flughafen Münster/Osnabrück aus nach Skopje in Makedonien geflogen werden. Innenminister Schily sagte, daß es sich bei den ersten Rückkehrern ausschließlich um Kontingent-Flüchtlinge handele, die ihren Willen zum Rückflug bekundet hätten. In den folgenden Tagen sollen nach Absprache Schilys mit den Ländern weitere Menschen durch die Internationale Organisation für Migration (IMO) in das Kosovo zurückgebracht werden. Der zwischenstaatliche Zusammenschluß von weltweit etwa 100 Mitgliedsstaaten plant, die Flüchtlinge vom Flughafen Skopje mit Bussen in sogenannte secure areas (sichere Gebiete) des Kosovo zu bringen und sie dann in die Obhut des UN-Flüchtlingwerks (UNHCR) zu übergeben.
Entgegen der Kritik der UN-Flüchtlingskommissarin Ogata, die in der vergangenen Woche eine Rückkehr von Kosovaren vor Frühjahr nächsten Jahres angesichts fehlender Unterkünfte und gefährlicher Minen ablehnte, unterstütze das UNHCR die Rückkehraktion aus Deutschland, teilte die deutsche Sektion der IMO mit.
Die Vertriebenen erhalten 450 Mark Überbrückungsgeld, und in den Bundesländern Bayern sowieSachsen werden den ausreisewilligen Kosovo-Albanern „Orientierungsreisen“ in die Heimat angeboten, um die Lage vor Ort zu erkunden. Erstmals wandten sich auch kommunale Ausländerbehörden in Bayern direkt an die dortigen Flüchtlingsorganisationen, um rückkehrinteressierte Flüchtlinge zu ermitteln. Das Schreiben der Behörden, mit dem Anliegen, Meldelisten zu erstellen, stößt bei den Hilfswerken allerdings auf völliges Unverständnis.
Gleichermaßen überrascht sind das Innenministerium und die Flüchtlingshilfsorganisationen von der großen Zahl rückkehrwiller Menschen. Der Kosovo-Beauftragte von pro asyl, Michael Stenger, verweist auf die schlechte Situation der Flüchtlinge in Deutschland: „Erst wurde den Kosovo-Albanern die Hände geschüttelt, dann kamen die Essenspakete und dann die Perspektivlosigkeit.“ Der bayerische Flüchtlingsrat sorgt sich vor allem um Deserteure und Oppositionelle, die von den ab Frühjahr 2000 vorgesehenen Zwangsabschiebungen betroffen seien. Der Zwang ist nach Ansicht von Tilman Zülch von der Gesellschaft für bedrohte Völker de facto bereits gegeben: „Die Rückführung wird als freiwillig ausgegeben, aber tatsächlich erfahren die Flüchtlinge, daß sie bald keine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung erhalten.“ Andreas Finke, Berlin
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