Behörde: „Wir dürfen das alles“

■ Abschiebeknast: Polizei fand jetzt NRW-Richtlinie von 1993

Elf Tage nach einer ersten Anfrage der taz (vgl. taz vom 3. und 9. Juli) hat die Bremer Innenbehörde jetzt offiziell geklärt, nach welchen Richtlinien der neue Abschiebeknast am Polizeipräsidium in der Vahr gebaut wurde. „Mir liegt ein zwölfseitiger Runderlaß aus Nordrhein-Westfalen zum Bau von Polizeigewahrsamen von 1993 vor“, erläuterte der Sprecher der Bremer Innenbehörde, Hartmut Spiesecke auf Anfrage. An diesem Papier, offenbar von einer Kommune in Nordrhein-Westfalen erstellt, hätten die Bremer Polizeiplaner sich beim Bau des neuen Abschiebehafttraktes „in wesentlichen Zügen“ orientiert. Fazit: Man habe die Abschiebehaft nach den Richtlinien für einen Polizeigewahrsam „funktional“ gebaut. „Wir dürfen das.“ In der Tat gebe es – wie von der taz berichtet – keine Richtlinie über den Bau von Abschiebehaftanstalten. Doch sei der Verdacht, die Polizei könnte im Zusammenhang mit derartigen Bauleitlinien für die neue Abschiebehaft unwahre Angaben gemacht haben, möglicherweise auf „eine Mischung aus Mißverständnissen“ zurückzuführen.

In der Tat unterscheidet sich die Ausführung des millionenschweren Bremer Neubaus deutlich von den Abschiebehaftanstalten in Nordrhein-Westfalen, deren modernste, im sauerländischen Büren, für 500 Personen ausgelegt ist. Dort orientierte man sich beim Bau der Anstalt an Mindeststandards im Justizvollzug – „zumal die Gefangenen ja keine Straftäter sind“, wie der stellvertretende Leiter der Bürener Abschiebehaft gegenüber der taz erklärte. Zur Ausstattung der Anstalt gehören – anders als in Bremen, wo statt Fenster Glasbausteine sitzen und Luft nur durch die Klimaanlage kommt – vergitterte, aber zu öffnende Fenster sowie Arbeits- und Freizeitangebote. Damit trage man der durchschnittlichen Verweildauer von 41 Hafttagen in Abschiebehaft Rechnung.

In Bremen wird es dagegen auch in Zukunft bei Glasbausteinen statt Fenstern und bei bis unter die Decke gekachelten Räumen bleiben, reagierte Behördensprecher Spiesecke jetzt auf öffentliche Kritik von FlüchtlingshelferInnen und Grünen am Neubau. „Das ist für Menschen, die dort länger leben müssen, sicher nicht schön“, räumte er ein. Doch entspreche dies in allem den Richtlinien für den Bau eines Polizeigewahrsams. Ein solches Gebäude müsse multifunktional sein: Wenn es längerfristig vielleicht weniger Bedarf an Abschiebehaftplätzen, dafür aber an Polizeizellen gebe, müsse Umnutzung möglich sein. ede