Auf das Kleingedruckte achten

betr.: „Fetisch Atomkonsens“, taz vom 10./11. 7. 99

Ihr Vorschlag einer steigenden Pflichtquote für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und regenerativen Energien (REG) verdient breite Unterstützung. [...] Ihre Idee eines Herausdrängens der Kernenergie aus dem Markt durch Quoten für KWK und REG erscheint mir allerdings weniger erfolgversprechend, da zunächst einmal alte, kohlendioxidintensive Kohlekraftwerke über die Wirtschaftlichkeitsschwelle gedrückt und dann konsequenter Weise beschleunigt stillgelegt würden, was ja treibhauspolitisch auch gewünscht ist.

Bemerkenswert ist allerdings, daß die Kernkraftwerksbetreiber offenbar doch in staatlichen Quotenmodellen eine Gefahr sehen. Das zwischen Bundeswirtschaftsminister Müller und vier Kernkraftwerksbetreibern ausgehandelte Eckpunktepapier zum Ausstieg aus der Kernenergienutzung enthält nämlich eine brisante Klausel, die im Lärm des Streits über die Restlaufzeiten der Atommeiler bisher fast völlig untergegangen ist. Darin soll nämlich festgeschrieben werden, daß Quotenlösungen möglichst gemieden werden sollen und daß gegebenenfalls die Summe aller Quoten zehn Prozent der gesamten Stromerzeugung nicht überschreiten darf. Da der Anteil von KWK-Strom bereits jetzt zirka zehn Prozent beträgt, wäre mit dieser Klausel eine gesetzlich vorgeschriebene steigende KWK-Quote von vornherein ausgeschlossen, und zwar für die nächsten 25 bis 35 Jahre [...] – ein zutiefst undemokratischer kalter Handstreich, durch den zugleich der deutsche Beitrag zum Rio-Kioto-Prozeß [...] erheblich in Frage gestellt wäre. Es ist also angebracht, bei den künftigen KKW-Ausstiegs-Konsensgesprächen nicht nur auf die Vereinbarungen zu den Restlaufzeiten, sondern auch auf das Kleingedruckte zu achten. Adi Goldbach, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Blockheizkraftwerke, Berlin

Eurem Autor Bernward Janzing muß man eins lassen – er kann sich auch über kleine Dinge freuen. So schreibt er: „In Bühl bei Karlsruhe wollten die Stadtwerke ein Erdwärmekraftwerk mit beachtlichen zehn Megawatt elektrischer Leistung bauen.“ Nur zum Vergleich, um die Dimension dieser „beachtlichen zehn Megawatt“ ins rechte Licht zu rücken: das größte Braunkohlenkraftwerk im rheinischen Braunkohlenrevier (Bergheim-Niederaußem bei Köln) hat eine maximale Leistung von 2.700 Megawatt, ein moderner Block schafft alleine 900 Megawatt, ältere Blöcke 600 Megawatt und ganz alte Blöcke, von denen die letzten in naher Zukunft vom Netz gehen, 300 Megawatt. In Grevenbroich-Neurath, Grevenbroich-Frimmersdorf und Eschweiler-Weisweiler können jeweils noch mal 2.100 Megawatt erzeugt werden. Werden noch die Leistung des Braunkohlekraftwerks „Schwarze Pumpe“ und der Atomkraftwerke addiert, dann hat man wirklich eine beachtliche Leistung, die zu ersetzen doch sehr schwerfallen dürfte. [...] Daß auf Dauer andere Arten der Energieerzeugung stärker genützt werden müssen und die dafür benötigte Technik weiterentwickelt werden muß, ist vollkommen klar, nicht zuletzt deshalb, weil die Braunkohlevorräte in ferner Zukunft endlich sind und ein gesellschaftlicher Konsens über die Gefährlichkeit von Atomenergie besteht. Über die künftige Energiepolitik muß ehrlich diskutiert werden. Ingo Kindgen, Berheim

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