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KommentarVerfassungsschutz versagt erneut

■ Vermanders Rücktritt ist fällig

Was für eine Blamage für den Berliner Verfassungsschutz: Der erste Hinweis auf die geplante Besetzung des israelischen Konsulats kam vom Bundesverfassungsschutz und nicht von der Berliner Behörde. Erneut hat das Landesamt versagt. Im entscheidenden Moment war der V-Mann nicht zur Stelle. Ein handwerklicher Fehler, der mehr als peinlich ist. Der V-Mann-Führer hätte sicherstellen müssen, daß in einer so brisanten Lage, wie sie nach dem Kidnapping von PKK-Führer Öcalan entstand, der V-Mann vor Ort ist. Doch offensichtlich ist vom Berliner Verfassungsschutz nicht einmal mehr ein Mindestmaß an Einsatzfähigkeit zu erwarten. Das Amt ist auf dem besten Wege, sich selbst überflüssig zu machen.

Angesichts der nicht abreißenden Pannenserie sollte Verfassungsschutzchef Vermander Konsequenzen ziehen und seinen Rücktritt einreichen. Der 62jährige, der vor drei Jahren die Leitung übernahm, ist offensichtlich nicht in der Lage, das krisengeschüttelte Amt wieder arbeitsfähig zu machen. Auch die längst beschlossene Umstrukturierung des Geheimdienstes kommt unter seiner Ägide nicht recht voran. Die Stimmung in der Behörde dürfte inzwischen einen kaum noch zu überbietenden Tiefpunkt erreicht haben. Doch ein Behördenchef, der in der Affäre um die falsche Verdächtigung eines Polizisten als Scientology-Mitglied die Verantwortung auf andere schiebt, ist kaum in der Lage, die 250 MitarbeiterInnen zu motivieren.

Mitverantwortung für das desolate Erscheinungsbild des Amtes trägt aber auch Innensenator Eckart Werthebach. Er hat seit seinem Amtsantritt im vergangenen November nicht dafür gesorgt, daß die Neustrukturierung des Verfassungsschutzes zügig umgesetzt wird. Von einem früheren Chef des Bundesverfassungsschutzes hätte man etwas mehr erwarten können.

Doch der Law-and-order-Mann legt an der Spree vor allem Unnachgiebigkeit und Härte an den Tag. Den Trauermarsch der Kurden verbieten zu wollen, zeugt von einem miserablen Einschätzungsvermögen und mangelndem Fingerspitzengefühl für heikle La-gen. Wer ein solches Signal der Eskalation in Erwägung zieht, ist eine Fehlbesetzung auf diesem Posten. Dorothee Winden

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