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Waffen unerwünscht

■ Der diesjährige OAU-Gipfel in Algerien glänzte durch Rekordbeteiligung und großspurige Reformversprechen

Berlin/Algier (taz/dpa/AFP) – Es war der größte OAU-Gipfel aller Zeiten. 42 von 53 Mitgliedsländern der Organisation Afrikanischer Einheit (OAU) entsandten ihre Staatschefs auf den Jahresgipfel der Organisation nach Algerien, mehr als je zuvor. Das zunehmende Interesse der Präsidenten an dem sonst eher mäßig besuchten jährlichen Ereignis ist vermutlich auf die zunehmende Internationalisierung afrikanischer Konflikte zurückzuführen, die immer mehr und immer komplexere Gespräche auf höchster Ebene erforderlich macht.

Der Gipfel, der gestern zu Ende ging, markierte die Rückkehr Algeriens auf die diplomatische Bühne Afrikas nach Jahren der völligen Abwesenheit. Das OAU-Gipfelprotokoll zeugt mit seiner Betonung der Sicherheitsmaßnahmen von den Spuren des Bürgerkrieges: Die Delegationen wurden aufgefordert, keine Waffen ins Konferenzzentrum zu bringen, und mehr als sechs Handgewehre pro Leibwache waren nicht erlaubt. „Das Gastland wird keine gepanzerten Fahrzeuge zur Verfügung stellen“, führte die OAU-Tagungsleitung aus.

Es war das perfekte Ambiente für drei Tage ausführlicher Debatten über Afrikas bewaffnete Konflikte. Erhoffte Durchbrüche, beispielsweise in der Vermittlung zwischen Äthiopien und Eritrea oder in der Klärung der offenen Fragen des Friedensprozesses für die Demokratische Republik Kongo, blieben zwar aus. Doch beschlossen die Gipfelteilnehmer, im September einen OAU-Sondergipfel in Libyen einzuberufen, um die OAU-Charta im Hinblick auf die Einführung wirksamer Maßnahmen zur Regelung und Verhinderung von Konflikten zu überarbeiten. Südafrikas Präsident Thabo Mbeki sagte dazu gestern, man wolle ein wirksameres Frühwarnsystem zur Vorbeugung von Kriegen einführen.

Das Sondertreffen soll vom 6. bis 9. September stattfinden und mit den Feierlichkeiten des 30. Jahrestages der libyschen Revolution zusammenfallen. Die Teilnehmer der Gipfelkonferenz folgten damit einem Vorschlag des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi, der erstmals seit 22 Jahren wieder an einem OAU-Gipfel teilnahm. Für Gaddafi, der in den letzten Monaten eine intensive Afrika-Diplomatie betrieben hat, war der Gipfel ein Triumph. Seinem antiimperialistischen Ruf gemäß weigerte er sich, im Sheraton-Hotel von Algier zu übernachten, und schlug statt dessen im Hotelgarten ein Zelt auf.

In einem potentiell weitreichenden Beschluß legten die Gipfelteilnehmer außerdem fest, daß ab nächstes Jahr Staatschefs, die mit Waffengewalt an die Macht gekommen sind, von der Staatenorganisation boykottiert werden. „Wenn wir uns morgen treffen und es gibt irgendwo einen Putsch, kann der Putschistenführer nicht mit uns sitzen, zu uns kommen oder von uns empfangen werden“, trompetete OAU-Sprecher Ibrahim Daggash. Rückwirkend gilt das selbstverständlich nicht. Dann hätten nämlich viele der nach Algier gereisten Präsidenten gleich wieder die Koffer packen müssen.

Algerien übernimmt nun von Burkina Faso die jährlich rotierende OAU-Präsidentschaft. Der nächste OAU-Gipfel im Jahr 2000 findet in Togo statt; danach ist Sambia an der Reihe. D.J.

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