„Dagobert“ ohne Enkel?

■ Wie sich Arno Funke alias „Dagobert“ gerichtlich gegen die Ausstrahlung des SFB-Tatorts „Dagobert's Enkel“ wehrt

Geht es nach dem SFB, soll am 25. Juli die erste Folge der neuen „Tatort“-Staffel laufen, die nicht nur im Titel – „Dagobert's Enkel“ – große Ähnlichkeit mit der Geschichte des Kaufhauserpressers Arno Funke alias „Dagobert“ aufweist. Der 49jährige hatte den Karstadt-Konzern mit Bombendrohungen erpreßt und akribisich darauf geachtet, keine Menschen zu verletzen. Der einzige „Faux pas“ war ein „Knalltrauma“, das eine Verkäuferin erlitt, wofür er sich bei ihr ausdrücklich entschuldigt hatte.

Ob der „Tatort“ wirklich ausgestrahlt wird, ist unklar. Denn Arno Funke, der derzeit im offenen Vollzug ist, hat über den Anwalt und Presserechtler Christian Schertz beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung beantragt. In der Tat sind die Ähnlichkeiten zwischen „Dagobert“ und „Dagobert's Enkeln“ frappierend. In dem „Tatort“ geht es wie bei Funke um Erpressung. Statt Karstadt ist es die Post. Doch im Unterschied zu Arno Funke gibt es im „Tatort“ einen Toten. Anwalt Schertz begründet die einstweilige Verfügung mit einer Frage: „Muß sich Herr Funke, dessen Taten sechs Jahre zurückliegen, der vor drei Jahren rechtskräftig verurteilt wurde und der sich in seinem Buch öffentlich von seinen Taten distanziert hat, eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zur reinen Unterhaltung des Publikums gefallen lassen?“ Weiter sei es nicht hinnehmbar, daß der SFB in einer Broschüre zur Inhaltsangabe explizit auf das „berühmte Vorbild“ Dagobert hinweist. Für das Publikum sei die „Vermischung von Realität und Fiktion“ nicht nachvollziehbar. Den Gang nach Köln begründet Schertz damit, daß die dortige Kammer „eine der besten Presserechtskammern“ sei.

Doch sowohl der SFB-Justitiar als auch der zuständige Redakteur sehen der Gerichtsentscheidung am kommenden Mittwoch gelassen entgegen. Redakteur Uwe Römhild meint, daß es sich bei dem „Tatort“ um „einen ganz normalen Erpressungsfall“ handele. Den Vorwurf, daß die Gewalt in dem Film Funkes Resozialisierung schade – im April 2000 steht der Haftprüfungstermin an – weist er zurück. „In dem Film wird gesagt, daß Dagobert so clever war, keinen umzubringen.“ Justitiar Magnus Schiebe räumt zwar ein, daß der Film „irgendwo Funkes Geschichte ist“. Trotzdem glaubt er, daß die gerichtliche „Einmischung“ nur der „Vermarktung“ diene. Doch dabei scheint er Funkes Distanzierung von seinen Taten genauso zu vergessen wie die Tatsache, daß er am Verkauf seines Buches keinen einzigen Pfennig verdient hat. B. Bollwahn de Paez Casanova