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In Strümpfen demonstrieren gehen

■ Die Blade Night soll nur noch alle zwei Wochen steigen. 100 Skater kamen vorgestern trotzdem

„Das ist ja wohl ein Witz“, staunt Inline-Skater Tilo, der vor dem S-Bahnhof Tiergarten von einem Polizisten gestoppt wird. Vorgestern – der erste Sommermittwoch ohne „Blade Night“, ohne surrende Rollen auf abgesperrten Hauptverkehrsstraßen. Veranstalter und Senat hatten sich darauf geeinigt, die Demonstration für die Rechte der Inliner nur noch alle zwei Wochen stattfinden zu lassen. Nicht alle hatten das auch mitbekommen, wie Tilo, der für den vermeintlichen „Mega-Event“ extra aus Frankfurt/Main anreiste, sowie rund einhundert weitere Skatebegeisterte. Die Polizei, die nach Auskunft des Einsatzleiters bis zu 2.000 Demonstranten erwartet hatte, war mit einem Großaufgebot vertreten, was viele Skater „absolut schikanös“ fanden und sich dadurch „wie Verbrecher behandelt“ fühlten. Schnell meldete man eine Spontan-Kundgebung an, die dann auf einem Parkstreifen vor dem S-Bahnhof stattfand – auf Socken. Ihre Roller-Blades mußten die Inline-Fans nämlich auf polizeiliche Weisung hin ausziehen, um die Kundgebung in „kontrollierbarem Rahmen zu halten“, wie es von der Polizei hieß. Diese drohte bei Nichtbeachtung denn auch Ordnungsstrafen bis zu 2.000 Mark an.

„Wir sind doch nicht nur ein paar Spinner“, meint Tim Eisert, 37, von der „Skateforum“-Gruppe in Hinblick auf die 25.000 „Blade Night“-Teilnehmer der vergangenen Woche. Seine Initiative fordert deshalb auch per Flugblatt: „Jeder Mittwoch ist ein Skatermittwoch.“ Ein eingeschränktes „Schaulaufen“ reiche nicht, erklärte Eisert, man wolle sich die Teilnahme „im normalen Verkehrsgeschehen erstreiten“.

Doch die Versammlungsbehörde blockt schon mal ab: „Neben der vierzehntägig stattfindenden Blade Night werden wir definitiv keine weiteren Skater-Veranstaltungen genehmigen“, meint Joachim Haß, Referatsleiter im ordnungspolizeilichen Staatsschutz.

Doch die Kritik der Skater richtete sich nicht nur gegen die Ordnungshüter, sondern auch gegen die Veranstalter der ursprünglichen Blade Night. „Die haben sich viel zu schnell zu diesen Kompromissen bei Route und Terminen breitschlagen lassen“, ärgert sich etwa Skaterin Christine. Und Nils sagt: „Für die Autolobby wird alles getan, naturverbundene Freizeitsportler behindert man nur.“ Jan-Philipp Sexauer, Initiator der Blade Night, verteidigt indes seine Haltung: „So eine Aktion ist langfristig nur durch gegenseitige Toleranz machbar“, so der Rechtsanwalt, „und nicht durch Konfrontation.“ Christoph Rasch ‚/B‘Das „Skaterforum“ trifft sich am kommenden Sonntag um 20 Uhr im „Ribbeck“, Mila-/Ecke Cantianstraße, Prenzlauer Berg. Infos unter Tel. 44 05 48 36

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