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„Eine absolut unrealistische Situation“

■ Gestern begann vor dem Landgericht ein weiterer Kurden-Prozeß. Der Angeklagte schweigt bisher zu den Ereignissen vom Februar

In einem dritten Verfahren im Zusammenhang mit den PKK-Protesten gegen die Verschleppung ihres Führers Öcalan im vergangenen Februar muß sich seit gestern vor dem Berliner Landgericht der 27jährige Kurde Eyyüp C. verantworten. Dem in U-Haft sitzenden Angeklagten werden Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

Am 16. Februar soll er vor dem besetzten Griechischen Konsulat in Berlin aus einer Menge von 250 bis 300 „gewalttätigen“ Kurden mit einem Hammer auf den Kopf eines Polizisten „gezielt“ haben, ohne diesen jedoch zu treffen. Am 17. Februar soll er vor dem Israelischen Konsulat aus einer Gruppe von 100 bis 120 Kurden versucht haben, einen Polizisten mit einer 1,20 Meter langen Eisenstange zu schlagen – wieder ohne zu treffen. Kurz zuvor waren vier Kurden von israelischen Sicherheitsbeamten erschossen worden.

Der bis auf Anfang August terminierte Prozeß findet unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Der Angeklagte, der älter aussieht, als er ist, verfolgt reglos den Prozeß. Nur die rastlosen Augen verraten seine innere Unruhe. Nach Angaben der Anwälte leidet er unter Angststörungen mit Panikattacken, die sich durch das Eingesperrtsein verstärkten. Zu den Vorwürfen schwieg der Angeklagte. Die beiden gestern als Zeugen vernommenen Polizisten machten nur Angaben zum Gesamtgeschehen am Israelischen und Griechischen Generalkonsulat. „Die Schüsse waren für mich eine absolut unrealistische Situation“, sagte einer der beiden.

Ein 31jähriger Kurde wurde Anfang Juli zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, weil er am 17. Februar einen Polizisten mit einem Holzknüppel angegriffen hatte. Ein anderes Verfahren vor dem Landgericht ist Mitte Juni wegen Terminschwierigkeiten geplatzt. Vor dem Amtsgericht wurden zwei Kurden zu je vier Wochen Jugendarrest verknackt.

Plutonia Plarre

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