Reisrolle vorwärts

Sushi ist in aller Munde: Die kleinen, attraktiven Reisröllchen mit einer Füllung aus rohem Fisch treffen den Nerv der Zeit  ■ Von Karen Schulz

Als Harrison Ford alias Bladerunner 1982 mit bedrohlicher Stimme sagte, „Sushi, so hat meine Exfrau mich immer genannt – kalter Fisch“, da war hierzulande den wenigsten klar, was damit gemeint sein könnte. 17 Jahre später ist Su-shi in aller Munde – passend zum Trend sind in Hamburg an allen Ecken, ob Schanzenviertel, City oder Ottensen, die Sushibars und -restaurants wie Pilze aus dem Boden geschossen.

Kein Wunder, denn die kleinen, attraktiven Reisröllchen, die traditionell mit rohem Fisch gefüllt werden, treffen den Nerv der Zeit, sind sie doch gesund und fettarm und eignen sich prima als Snack in der Mittagspause. Außerdem kommen sie aus Japan – und haben damit einen zusätzlichen Hip-Bonus.

Aus Japan kommt auch die Idee, die Sushis per Fließband an den KundInnen vorbeifahren zu lassen – diese japanische Antwort auf Amerikas Fastfood ist witzig und sorgt für größtmöglichen Warenumschlag in den teilweise recht engen Lokalitäten. Eine solche Kaiten-Sushi-Bar ist die Sushi-Factory an der Dammtorstraße: Hier werden die vom Chefkoch Masami Okamoto frisch zubereiteten Reisröllchen auf verschiedenfarbigen Tellern an den Gästen vorbeigeschickt – der Preis richtet sich nach der Tellerfarbe.

Mit dem Restaurant ist es Okamoto aber nicht genug, er will die hohe Kunst der Sushi-Herstellung auch theoretisch unters Volk bringen. Und hat dafür in Zusammenarbeit mit dem Falken-Verlag das Buch zum Kochtrend herausgebracht: Der Titel lautet einfach nur „Sushi“, das Buch jedoch verrät alle Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten wie z. B. Nigiri-sushi – Reisbällchen, die mit einem Stück Fisch belegt sind – oder maki-sushi, den allseits bekannten, in Nori (Purpurtang) gerollten Leckerbissen.

Das Buch ist der traditionellen japanischen Kunst verpflichtet: klare optische Gestaltung, farbenprächtige Fotos und schwungvolle Schriftzeichen. Den Anfang macht eine Warenkunde zu den zwei wichtigsten Punkten der Sushi-Herstellung: a) Wie kocht man perfekten Sushi-Reis und b) woran erkennt man wirklich frischen Fisch und wie bereitet man ihn zu. Daneben wird Einblick gegeben in die Entstehungsgeschichte der Sushis sowie in japanische Eßregeln – damit sich die deutschen Gäste in der Sushi-Bar nicht daneben benehmen. Geschlürft wird in Japan nur die Suppe, die allerdings geräuschvoll und genüßlich. Sushis hingegen sollten lautlos und mit einem Haps verspeist und niemals von Stäbchen zu Stäbchen weitergereicht werden. Die japanische Tradition behält dieses Ritual ausschließlich der Beerdigungszeremonie vor!

Natürlich wird auch die Sushi-Zubereitung erklärt und in vielen Rezepten variiert. Das perfekte Rollen, Drücken und Schneiden auf dem Papier zu erklären ist zwar in jedem Fall lobenswert (siehe auch untenstehenden Text). Auf den richtigen Dreh kommen AnfängerInnen aber am besten, indem sie dem Meister Okamoto oder einem seiner Kollegen beim Restaurantbesuch vorher mal auf die Finger schauen.