: Polizeiprügel bei Bergedorfer Nazidemo
■ Sechs StudentInnen werfen der Hamburger Polizei „unverhältnismäßige Gewalt“ vor
Sechs Göttinger StudentInnen *, die vor gut einer Woche in Bergedorf gegen den Nazi-Aufmarsch protestierten, haben der Hamburger Polizei „unverhältnismäßige und brutale“ Übergriffe vorgeworfen. Einer der sechs, Tobias H. soll von einem Polizisten mit dem Kopf „heftig auf den Asphalt“ geschlagen worden sein. Die Harburger GAL-Bezirksabgeordnete Julia Carmesin will wegen der brutalen Festnahme von H. und weiteren Gegendemonstranten Anzeige gegen die Polizei erstatten.
Obwohl die Polizei mit 6000 BeamtInnen angerückt war und nach dem Eindruck der Göttinger die Lage jederzeit unter Kontrolle hatte, sei es zu Beschimpfungen gekommen. GegendemonstrantInnen seien „fast ausnahmslos geduzt und wahlweise als ,Arschloch' oder ,Wichser' bezeichnet“ worden, schreiben die StudentInnen in einer Pressemitteilung. Am Sachsentor hätten sich gegen 13 Uhr „ungefähr 20 Beamte einer bayerischen Polizeieinheit“ ohne ersichtlichen Grund durch die Menge geprügelt.
Gegen 16.30 Uhr habe sich in der Bergedorfer Straße in Höhe des City-Centers ein Anti-Nazi-Protestzug aus 50 Leuten gebildet. Viele junge Leute seien darunter gewesen, sagt H., „eher ökig“, nicht vermummt. Dennoch sei die Spontandemo nach 100 Metern von einer „hektischen und aggressiven“ Einheit aus Mecklenburg-Vorpommern begleitet worden, heißt es in der Mitteilung. Einem Polizisten sei sogar die Dienstwaffe aus dem Holster gefallen. „Da hat man fast lachen müssen, weil es so peinlich war“, erinnert sich H.
Wenig später seien die Polizisten auf den Gehweg gestürmt und hätten H. und einen Mann aus Dresden umgerissen. Ein Polizist habe sich auf H. gekniet, ihn an den Haaren gezogen und seinen Kopf auf den Asphalt geknallt.
Nach ihrer Festnahme seien Tobias H. und andere, obwohl bereits gefesselt, „in einem ganz brutalen Griff“, aus der Hüfte nach vorne gebeugt, abgeführt worden, sagt Julia Carmesin. „Das war Schinderei!“ Den Unbeteiligten, die die Festnahme beobachteten und gegen das Vorgehen protestierten, hätten die Beamten enfalls mit Festnahme gedroht, bestätigt die Bezirksabgeordnete. Wie H. sagt, drohte ihm die Polizei mit einer Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt.
Die Pressestelle der Polizei konnte gestern zu dem Vorfall keine Stellung nehmen, zumal die StudentInnen bisher keine Anzeige gegen die Polizei erstatteten. Solche Anzeigen würden direkt der Dienststelle für interne Ermittlungen zugeleitet. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) hatte nach dem Wochenende die Polizei wegen ihres „professionellen Einsatzes“ gelobt. Polizeipräsident Justus Woydt sagte, „die Strategie der Deeskalation“ habe sich „bewährt“.
Gernot Knödler
* Namen der Redaktion bekannt
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