: Bremer Knackpunkt heißt Finanzen
■ Henning Scherf gibt seine erste Regierungserklärung seit der Landtagswahl ab. CDU soll konstruktiv bei der Länderfinanzreform mitarbeiten. Die will sich aber nicht „unterwerfen“
Bremen (taz) – Als Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) das Haus der Bürgerschaft betreten wollte, mußte er Spalier laufen. Eine Gruppe von Schülern forderte am Eingang die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Eigentlich wollte Scherfs Partei dazu gestern einen Antrag in das Landesparlament einbringen – doch nach Widerstand des Koalitionspartners CDU war der Tagesordnungspunkt ausgesetzt worden. Ob sich die neuen (und alten) Bremer Koalitionäre in den kommenden vier Jahren eher blockieren oder doch gewohnt-harmonisch zusammenarbeiten, war gestern auch Thema der Regierungserklärung Scherfs und seiner Nachredner.
Drei Bremer Stimmen für oder gegen Rot-Grün
Vor allem für das Abstimmungsverhältnis im Bundesrat ist es wichtig, wie die Koalitionäre mit Unstimmigkeiten umgehen. Von den drei Bremer Stimmen in der Länderkammer könnten in Zukunft einige rot-grüne Reformvorhaben abhängen.
In langen Passagen referierte Scherf die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen, und das bedeutet vor allem: In Bremen bleibt alles wie schon in den vergangen vier Jahren Große Koalition.
Scherf betonte, daß die wiedergewählte Koalition antrete, um die Existenz des Bundeslandes Bremen dauerhaft zu sichern. Nötig sei eine konstruktive Mitarbeit des Koalitionspartners bei der Debatte um die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Scherfs Stellvertreter, Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU), sekundierte, daß Bremen im Bundesrat versuchen werde, dem Bund im föderalen Sinne zu helfen. „Ich warne aber davor, das damit zu verwechseln, daß wir eine Unterwerfungserklärung zu jedweder rot-grünen Bundespolitik unterzeichnet haben“, sagte Perschau vor dem Parlament.
Auf Konfrontationskurs ging auch der neugekürte Fraktionschef der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Jens Eckhoff. Scherf solle sich von den Sparplänen der Bundesregierung distanzieren, forderte der 33jährige. Erfolge bei früheren Sparbeschlüssen seien der CDU zuzurechnen. Für die Abstimmung im Bundesrat sagte Eckhoff „manche Nagelprobe“ mit der SPD voraus. An die CDU appellierte der SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen daraufhin, ihre Stimme für den Bundesrat bei einer Finanzreform nicht zu verweigern.
Alte Scherf-Themen fehlten in der Regierungserklärung
Deutliche Kritik an der Regierungserklärung übte die von 15 auf zehn Abgeordnete geschrumpfte Fraktion der Grünen. Sprecher Helmut Zachau erinnerte daran, daß alte Scherf-Themen wie Frauenförderung und Ausländerintegration in der Regierungserklärung nicht mehr vorkamen. Zu den absehbaren Konflikten wegen der Bundesrats-Abstimmungen sagte Zachau: „Wir sind gespannt, wie sie sich aus dieser selbstgestellten Falle befreien wollen.“
Christoph Dowe
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