John fordert schnelle Rückkehr ins Kosovo

■  Die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) war für drei Tage im Kosovo. Jetzt hält sie eine umgehende Ausreise der Flüchtlinge für möglich und erwartet von der Wirtschaft, daß sie sich in der Krisenregion engagiert

Nach einer dreitägigen Reise in das Kosovo hat sich die Ausländerbeauftragte des Senats, Barbara John (CDU), für eine schnelle Rückkehr der in Berlin lebenden KosovarInnen ausgesprochen. Gegenüber der taz sagte sie, daß eine Rückkehr in das Krisengebiet für alle Kosovo-Albaner jetzt möglich sei. „Ich gehe davon aus, daß zumindest die Kosovaren im Kosovo jetzt absolut sicher sind. Es gibt niemanden mehr, der sie bedroht.“

Zum ersten Mal seien viele Arbeitsstellen in Behörden frei, die bislang Serben innehatten. „Wer jetzt nicht da ist, kommt in Sachen Arbeit zu kurz“, sagte sie. John räumte jedoch auch ein, daß die materielle Situation in dem Krisengebiet für viele ungewiß sei.

Die Ausländerbeauftragte geht davon aus, daß es in diesem Jahr keine Abschiebungen in das Kosovo geben wird. Das könne sich im kommenden Frühjahr jedoch ändern. In Berlin leben derzeit 10.000 KosovarInnen, deren Aufenthaltsstatus größtenteils unsicher ist. Von den 320 Kontingent-flüchtlingen, die während des Krieges offiziell aufgenommen worden sind, sind erst zwei Familien freiwillig zurückgekehrt.

Die Ausländerbeauftragte sprach sich außerdem für ein starkes Engagement der Berliner Wirtschaft im Kosovo aus. Sie forderte lokale Partnerschaften. Firmen sollten sich erkundigen, ob sie Unternehmen im Kosovo logistisch und materielle unterstützen können.

Der Wiederaufbau des Kosovo ist auch das Thema eines Treffens mit Vertretern des Senats und Unternehmen, das heute in der Industrie- und Handelskammer (IHK) stattfindet. Dort sollen zunächst die Arbeitsbereiche abgeklärt werden, auf die sich die Berliner Wirtschaft konzentrieren wird, so Wolfram Martinsen, Koordinator für Mittel- und Osteuropa der Senatskanzlei. Besprochen werde auch, wer aus der Wirtschaft an einer ersten Delegation teilnehmen soll, die Anfang August in das Kosovo fliegen wird. Laut Martinsen wird Berlin eine Patenschaft für die von der Bundeswehr kontrollierten Gemeinden Banja und Samodraza übernehmen. Beide liegen am Stadtrand von Prizren.

Insgesamt werden nach bisherigen EU-Schätzungen weltweit Aufträge in Höhe von jährlich bis zu 1,5 Milliarden Mark. für den Wiederaufbau im Kosovo vergeben – von der EU, der Weltbank und anderen internationalen Organisationen. Wieviel von diesen Geldern tatsächlich nach Berlin fließen wird, ist derzeit jedoch noch völlig unklar. „Bei derartigen Aufgaben haben wir noch keine Routine“, sagt die Sprecherin der Berliner Marketing Service GmbH BAO, Dagmar Schwabe, die das Interesse der Berliner Unternehmen im Kosovo ausloten soll. Konkrete Entscheidungen seien frühestens nach der ersten sogenannten Geberkonferenz zu erwarten, die Ende dieser Woche in Brüssel stattfindet.

Eine Umfrageaktion der BAO ist nach den Worten Schwabes jedoch bereits auf eine „riesengroße Resonanz“ gestoßen. Weit mehr als hundert hiesige Unternehmen hätten ihr Interesse bekundet. „Schwallweise“ gingen weitere Antwortschreiben ein. Es gehe, so Schwabe, den Unternehmen dabei „nicht nur ums Geld“. Manche hätten persönliche Motive, andere wollten „einfach nur helfen“, meint Schwabe.

Auch Martinsen sieht die Wirtschaft „nicht als Kriegsgewinnler“. Vielmehr sei Berlin dazu prädestiniert zu helfen. Gerade im Osten hätten die Berliner reichlich Erfahrung bei der Sanierung von Wohnungen und Infrastruktur gesammelt. „Diese wollen wir nun weitergeben.“ Julia Naumann/Richard Rother

Interview Seite 21