: Wahleklat in Indonesien
■ Kleine Parteien, die bei der Wahl leer ausgingen, erkennen das Ergebnis nicht an
Bangkok (taz) – Am Ende gab es Buhrufe statt Blumen. Sieben Wochen nach der indonesischen Parlamentswahl endete die letzte Sitzung der heillos zerstrittenen nationalen Wahlkommission gestern mit einem Eklat. Die erwartete offizielle Verlesung der Ergebnisse fand nicht statt. Der Grund: Mehrere Vertreter kleiner Parteien, die den Sprung ins Parlament nicht geschafft hatten, weigerten sich, das Abschlußdokument zu unterschreiben. Jetzt muß Präsident B.J. Habibie entscheiden, ob er die Wahlen anerkennt. Indonesische Bürgerrechtler und internationale Beobachter hatten sie als erstes freies und demokratisches Votum seit 44 Jahren gefeiert. Obwohl es in mehreren Orten Wahlfälschungen und Stimmenkauf gab, bezeichneten sie das Ergebnis insgesamt als akzeptabel.
Die Opposition fügte der alten Regierungspartei Golkar eine schmerzhafte Niederlage zu: Die „Demokratische Partei Indonesiens – Kampf“ der populären Politikerin Megawati Sukarnoputri konnte 34 Prozent der Stimmen erzielen. Habibies Golkar (22 Prozent), die unter Diktator Suharto jahrzehntelang sichere Mehrheiten um die 70 Prozent erreicht hatte, sackte dramatisch auf 22 Prozent ab. Fünf weitere Parteien schafften es ins Parlament.
„Wir werden die Ergebnisse nun dem Präsidenten vorlegen, der dann in eigener Weisheit beschließen wird“, sagte gestern Andi Mallagareng, der zu den Verfassern des komplizierten neuen Wahlsystems gehört. In der Wahlkommission sitzen neben fünf von der Regierung ernannten Mitgliedern je ein Vertreter aller 48 an den Wahlen beteiligten Parteien. Die 41 erfolglosen Parteien bekamen insgesamt nur neun der 120 Millionen abgegebenen Stimmen.
Beobachter in Jakarta vermuteten, daß Habibie die Wahlresultate anerkennen wird: Seine Golkar-Partei hat gemeinsam mit 16 weiteren Gruppierungen – darunter alle erfolgreichen – zugestimmt. Die Stimmenauszählung hatte sich aus vielen Gründen viel länger als geplant hingezogen: Dazu gehörte die Unerfahrenheit mit dem in aller Eile nach dem Rücktritt von Suharto 1998 entworfenen Wahlverfahren. Wahlhelfer und Kandidaten kleiner Parteien weigerten sich häufig auch zu unterschreiben, wenn sie dafür nicht finanziell kräftig entlohnt wurden. Andere wollten die schmerzhafte Seite der Demokratie nicht akzeptieren: Sie konnten einfach nicht verlieren und verlangten einen Sitz im Parlament, obwohl sie viel zu wenige Stimmen erzielt hatten. „Es gibt zwei Klassen von Politikern hier“, kommentierte Mallagareng das Chaos gestern: „Die einen sind gewählt, und die anderen sind enttäuscht.“ Jutta Lietsch
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