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„Einstiegsdroge Nr. 1 ist Tabak“

■  Zahl jugendlicher Raucher seit 93 um ein Viertel gestiegen, warnt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Im ersten Halbjahr 1999 auch deutlich mehr Drogentote

Berlin (taz) – Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres deutlich angestiegen. Bis Ende Juni wurden bundesweit 798 Drogentote registriert. Das seien 63 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, erklärte Christa Nikkels, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gestern in Bonn. Im ersten Halbjahr 1998 waren es 735 Drogentote.

Rot-Grün hatte schon im Wahlkampf versprochen, in der Drogenpolitik neue Wege zu gehen. Gestern verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der den Absichtserklärungen konkrete Schritte folgen lassen soll. Der Betrieb von Fixerstuben soll durch eine bundeseinheitliche Rahmenvorschrift rechtlich abgesichert werden. Den Ländern soll es damit freigestellt werden, sogenannte „Drogenkonsumräume“ einzurichten.

Mit dem Gesetz sollen auch bereits existierende Einrichtungen aus der rechtlichen Grauzone herauskommen. Es könne nicht angehen, so Nickels, daß „Mitarbeiter von Drogenhilfeeinrichtungen weiterhin mit einem Bein im Gefängnis stehen, wenn sie Überlebenshilfe leisten“.

CDU und CSU sind über den Vorstoß von Rot-Grün wenig begeistert. Jugendliche würden dies als staatlich akzeptierte Erleichterung des Drogenkonsums mißverstehen, so die Kritik von Bayerns Sozialministerin Barbara Stamm (CSU). Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Hermann Kues bemängelte gegenüber der taz, daß der Gesetzentwurf zu einseitig auf die Legalisierung eines „Grauzonen-Ist-Zustandes“ ausgerichtet sei und ein „gesamtgesellschaftliches Konzept“ fehle. Die CDU werde diesen Enwurf im Bundestag nicht mittragen. Es solle ein größeres Gewicht auf Prävention gelegt werden.

Daß die Prävention einen neuen Stellenwert erhält, ist auch das Ziel von Christa Nickels. Dabei müßten alle Suchtstoffe gleichermaßen berücksichtigt werden. „Einstiegsdroge Nr. 1“ sei Tabak. Der Anteil von Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren, die zur Zigarette greifen, sei seit 1993 um ein Viertel auf 26 Prozent aller Jugendlichen gestiegen, warnte Nickels. Sie forderte Zigaretten-Werbebeschränkungen und verringerte Zugangsmöglichkeiten bei Automaten. Auch im Alkoholbereich bestehe Handlungsbedarf, so dürften Sportler und andere Vorbilder nicht weiterhin für Alkoholika werben.

Für das kommende Jahr plant das Gesundheitsministerium einen Modellversuch in fünf Städten, mit dem die Heroin-gestützte Behandlung von Schwerstabhängigen untersucht werden soll.

Georg Gruber

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