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Hammer Schmerzgrenze

■ Das deutsche Sprint-Quartett rannte beim Hamburger Leichathletik-Meeting im Hammer Park nach Sevilla

Michael Huke kaute nervös auf seinem Handrücken herum und glich einem Primaner, der seine Schuluniform verlegt hatte. Soeben hatte er die 4x100-m-Staffel der Männer als Schlußläufer beendet und bange Augenblicke des Wartens eröffnet. „Ich...glaube...es...liegt...was...in...der...Luft“, stammelte er völlig außer Atem ins Mikro. Dann die Gewißheit: „38,72 Sekunden“ verkündete der Lautsprecher. Mit einem Stundenmittel von etwa 31 Kilometern war der Staffelstab um das Oval im Stadion Hammer Park gereicht worden. Bei diesem Tempo schaltet manch ein Autofahrer vom zweiten in den dritten Gang.

Die Athleten und die rund 6500 Zuschauer indes drehten am Mittwoch abend völlig durch – minutenlang. Wie die Flummis hüpfte das Sprint-Quartett auf der Tartanbahn umher – Marc und Holger Blume (beide Wattenscheid) sowie Christian Schacht und Michael Hunke (beide Kornwestheim) hatten sich für die Weltmeisterschaft (vom 20. bis 29. August in Sevilla) qualifiziert.

Das 18. Internationale Leichtathletik-Abendmeeting der LG Hammer Park begann allerdings weit vor der ersten sportlichen Disziplin mit einem Fehlstart. Lediglich 110.000 Mark hatten die Organisatoren von Seiten des Hamburger Senats und der Sponsoren zur Verfügung gestellt bekomen. Das löste beim Meeting-Direktor einigen Mißmut aus: „Die Schmerzgrenze ist eindeutig erreicht“, zeigte sich Rainer Blankenfeld von der Stadt enttäuscht. „Hamburg muß großzügiger werden, andernfalls ist Spitzenleichtathletik im Hammer Park nicht mehr möglich.“ Bereits in diesem Jahr seien Top-Athleten, wie die im Kugelstoßen angetretenen Oliver-Sven Buder (Vize-Weltmeister) und Astrid Kumbernuss (Weltmeisterin und Olympia-Siegerin), „nur noch aufgrund der guten persönlichen Beziehung zum Veranstalter“ gekommen, machte Blankenfeld die Notlage deutlich.

So boten die rund 200 Sportler aus 16 Nationen nicht nur herausragende Leistungen, sondern insbesondere eine Leistungsschau für liquide Sponsoren. Astrid Kumbernuss (Neubrandenburg) unterstrich nach einjähriger Baby-Pause ihreAmbitionen auf eine WM-Medaillen im Kugelstoßen. Mit 19,76 m verfehlte sie die Weltjahresbestleistung nur um acht Zentimeter.

Oliver-Sven Buder, WM-Favorit aus Wattenscheid, blieb zwar hinter seinen Erwartungen und unter der persönlichen Bestmarke von 21,15 m, dominierte aber dennoch die Herren-Konkurrenz. Sein bester Versuch schlug bei 20,44 m ein.

Zu einem Höhenflug setzte Michael Stolle, der für Leverkusen startende Buxtehuder, im Stabhochsprung an. Der St. Pauli-Fan überquerte eine Höhe von 5,83 Metern, scheiterte anschließend jedoch an der deutschen Jahresbestmarke von 5,93. „Eine Weltklasseleistung“, klopfte der 29jährige sich dennoch selbst auf die Schulter und fährt nun „voller Hoffnung“ nach Sevilla. Oliver Lück

Weitere Ergebnisse: 100 m/Männer: Holger Blume, 10,25 sek.; 110 m/Hürden/Männer: Mike Fenner in 13,66 sek.; 800 m/Männer: Patrick Konchella (Kenia) in 2,17 min.

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