: Wehen auf See
■ Ein Urlaub und seine Folgen: Geburtsort „Seenotrettungskreuzer Ruhrstahl“
Wenn Oliver Schemitzek seinen Ausweis beim Zoll zeigt, ist das Erstaunen groß. Denn unter der Rubrik Geburtsort steht nicht Hamburg, Kiel oder München. Nein, dort steht: „Seenotrettungskreuzer Ruhrstahl“. Denn der angehende Hotelfachmann wurde am 2. Juli 1981 zwischen den Nordseeinseln Amrum und Föhr geboren. Seine Eltern machten damals gerade Urlaub. „Es war vier Uhr in der Früh, und meine Mutter lag in den Wehen“, erzählt Schemitzek. „Da mußte sie Hals über Kopf nach Föhr gebracht werden, da es auf Amrum kein Krankenhaus gab.“
Daß Kinder auf deutschen Schiffen zur Welt kommen, ist äußerst selten, sagt eine Sprecherin des Standesamtes Berlin 1, das seit 1939 für im Ausland und auf See Geborene zuständig ist. Eine Geburt in der Luft sei in Berlin noch gar nicht aktenkundig. Auf hoher See, genau zwischen Amrum und Föhr, kam erst im vorigen Jahr im April wieder ein Baby zur Welt. Den ersten Schrei stieß das Mädchen exakt auf der Position 54 Grad 41,02 Minuten Nord, 8 Grad 35,11 Minuten Ost aus. Da die Nabelschnur jedoch erst in Wyk auf Föhr durchtrennt wurde – dies gilt juristisch als Zeitpunkt der Geburt –, ist die Hafenstadt der offizielle Geburtsort des Kindes.
Oliver Schemitzek, der in Haan bei Düsseldorf lebt, mußte hingegen noch auf See abgenabelt werden. Während in der Schule über diese Kuriosität gelacht wurde, gab sie den Mitarbeitern im Rathaus von Haan Rätsel auf. „Als ich 16 war, wollte ich einen Ausweis haben“, erinnert er sich, „doch die wußten gar nicht, wie sie den langen Eintrag mit dem Rettungskreuzer auf den Paß kriegen sollten.“
Die Geburt auf See hat bei Oliver bleibende Spuren hinterlassen: „Ich möchte unbedingt zur Marine, wenn ich eingezogen werde.“
Andreas Schirmer
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen