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Und so stirbt der DFB-Pokal

Nach dem Erstrundenspiel Jena – Fürth kritisieren beide Trainer die Pokal-Modusänderung der DFB-Funktionäre, die „weit weg vom Fußball sind“  ■   Aus Jena Markus Völker

Es gab da mal eine Untersuchung an der Universität Jena. Ein gewisser Professor Frindte analysierte die Kommunikationsstrukturen der Kicker des FC Carl Zeiss Jena. Was er in einer Fußnote berichtete, war gar nicht nett: Die Fußballer hätten Probleme im Umgang mit komplexen Strukturen, etwa mit der doppelten Verneinung. Ganz anders die Fans. Befragt zur Sinnhaftigkeit des DFB-Pokalspiels der 1. Hauptrunde zwischen Regionalligist Jena und der SpVgg Greuther Fürth meinte ein Anhänger der Heimmannschaft: „Wir können ja nicht nicht spielen.“

Die Negation der Negation ging ihm ganz locker von den Lippen. Vielleicht lag es auch daran, dass in Jena angeblich die gebildetsten Bürger der neuen Länder leben. Jedenfalls kamen nur 2.500 der Schlauen am Samstag ins Ernst-Abbe-Stadion.

Das hatte seinen Grund. Das Spiel gegen die Franken wollte eigentlich keiner. Geplant war an diesem Tag ein Freundschaftsspiel gegen Werder Bremen aus der Ersten Bundesliga. Jena gewann aber den Thüringer Landespokal, wurde vom DFB gefordert, somit spielte statt der Blau-Gelben aus der Saalestadt Erzrivale Rot-Weiß Erfurt gegen die Nordeutschen. Pech. Jena konnte nicht spielen gegen Fürth. Sie mussten also ran. So ist das Reglement. Woher aber der Unwille?

Der neue Pokalmodus ist schuld. Vom DFB für zunächst zwei Jahre ersonnen, um die europäisch viel beschäftigten Erstligisten zu entlasten, ist das neue System in den ersten Runden fragwürdig.

Der Pokal lebte davon, dass sich Klassenunterschiede nivellieren. Der Kleine ärgert den Großen. Das mögen die Leute. Nun hat der DFB dafür gesorgt, dass unter Gleichen manche gleicher sind. Ein kurzer Einblick in die Komplexität der Pokalneuerung: Die neun Bundesligisten, die an einem Uefa-Wettbewerb teilnehmen, steigen erst in der dritten Runde ein, die anderen in der zweiten. In der ersten Runde spielten diesen Samstag und Sonntag nur Amateurteams und Zweitligisten. Und da auch nicht alle. Nur neun Partien werden ausgelost. Der Rest hat ein Freilos für Runde zwei.

„Das ist wirklich nicht glücklich“, sagte Jenas Spielertrainer Thomas Gerstner zur Auslosung seines Teams. Dieser Modus sorge ganz klar für Wettbewerbsverzerrung. Verantwortung trügen die Entscheidungsträger in der Frankfurter Zentrale des DFB, die „weit weg vom Fußball sind“.

So weit, dass sie den Ballsport nur noch aus dem Fernseher kennen würden, erregte sich Gerstner. „Wenn der Pokal so bleibt, würde ich seinem Ende keine Träne nachweinen.“ Da trösteten anscheinend auch nicht die 60.000 Mark, die die Unglücklichen einstrichen. In Runde zwei hätte die doppelte Summe gelockt. Gerstner: „Was nützt das Geld, wenn wir ausscheiden?“

Das taten die Jenaer nämlich. Das Ergebnis: 1:2 (0:1) für den Zweitligisten. Die Fürther spielten auch überlegen. Am Ende ging ihnen allerdings die Luft aus. Trainer Benno Möhlmann hatte mit Konditionsmängeln gerechnet. „Wir haben eh schon eine kurze Vorbereitungszeit – und dann das hier“, sagte der Coach.

Auch Möhlmann ließ kein gutes Haar am neuen System. Er hätte lieber trainieren als aufspielen lassen. Der Pokal, in dieser Form ausgetragen, reduziere sich eh nur noch auf das Endspiel in Berlin. „Der Modus geht auf Kosten der Zweitbundesligisten“, sagte er. Aber auch den Amateuren werde die Möglichkeit genommen, in den ersten Runden große Spiele zu bekommen. Dadurch gehe der Ursprung des Pokals verloren.

Einen Ausweg sieht Möhlmann nicht. Oder doch? Augenzwinkernd meinte er: „Da kann für mich nur Ziel sein, Trainer bei einem der ersten neun Vereine zu werden, dann komme ich gut bei weg.“

Tore: 0:1 Ruman (1.), 0:2 Lamptey (71.), 1:2 Hempel (78.) Zuschauer: 2.500

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