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Geld, Gold, ein sorgenfreies Leben    ■ Von Martin Sonneborn

Und nun zur Börse: Zwei etablierte Börsengurus haben in diesem Jahrtausend den deutschen Aktienmarkt bewegt wie kein Dritter. Egbert Prior (35) und André Kostolany (135). Kostolany gilt, etwa seit es Aktien gibt, als graue Eminenz im Börsengeschehen. Daß er seit Jahrzehnten mit eher banalen Börsenweisheiten haussieren geht – „Lee vor Luv“, „langer Weg – kurze Farbe“, „einer geht noch, einer geht noch rein!“ – stört seine Anhänger ebensowenig wie die Tatsache, daß er in Audi-TV-Spots unverhohlen für Zink-Aktien Reklame macht. Herr Krähe allerdings vermutet, daß Kostolany lediglich die Kurse hochzutreiben versucht, weil er sich im vergangenen Jahr etwas voreilig (134) einen Zinksarg zugelegt hat.

Sein bisher ärgster Konkurrent Prior verdankt seine Bekanntheit der Fernsehsendung „3Sat-Börse“, wo er Zuschauern regelmäßig genau dieselben Kaufempfehlungen gab, die er sich einen Tag vorher gerade rechtzeitig schnell noch selbst gegeben hatte. Die entsprechenden Kurse stiegen aufgrund der angeheizten Nachfrage, Egbert Prior kassierte ab, bekam als Bonus obendrein noch eine Anzeige wegen verbotener Insider-Geschäfte dazu und schließlich seine Sendung entzogen. Seitdem ihm aber die öffentliche Plattform genommen ist, sinkt sein Kurswert ins Bodenlose. In einem jedoch hat Prior natürlich Recht: „Jede Herde braucht einen Hirten!“ Schließlich ist der Börsenmarkt um einiges komplizierter als z.B. der Wochenmarkt donnerstags in Frankfurt-Bockenheim!

Tja, und da haben Herr Krähe und ich altruistisch folgendes gedacht: Wir springen ein! Wir sind der neue Börsenguru, der sagt, wo es langgeht. Natürlich arbeitsteilig, schließlich soll der Job einen ja nicht auffressen. Sonst wird man nervös, kauft am Ende die falschen Wertpapiere, erschießt Frau, Kinder, Passanten und muß fortan seine Verkaufsempfehlungen zeitaufwendig in Kassibern übermitteln. Herr Krähe, der inzwischen sogar seine Redakteursstelle aufgegeben hat, damit er fortan in den Werbepausen bei „Starsky & Hutch“ konzentrierter die Kursnotierungen auf n-tv beobachten kann, ist für die Analysen zuständig. Und ich gebe sie an dieser Stelle weiter. Sie kaufen, die Nachfrage reißt den Kurs von null auf hundertachtzig, Prior und Kostolany ärgern sich schwarz, und wir werden alle zusammen richtig reich! So ungeheuer wohlhabend, daß wir demnächst nur noch Havanna-Zigarren rauchen, die wir mit Einhundertmarkscheinen anstecken, die wir mit Zweihundertmarkscheinen angesteckt haben! Klingt überzeugend, was?!

Gut. Fangen wir also an. Hier ist der Tip: Kaufen! Und zwar Postbank Dynamik Global, Aktienfonds! Wenn Sie sich also bitte in Richtung Bank bewegen würden, da Sie sowieso gerade fertig gelesen haben... Freundlicherweise ein paar tausend von den Dingern bestellen wollen ... Auch wenn der Kurs heute morgen – vorübergehend höchstens! – in den Keller gesunken ist ... Kein Grund zur Panik ... Wenn wir die Nachfrage erhöhen, wird das bestimmt schon wieder ... Herr Krähe und ich haben jedenfalls gestern schon gekauft. Und Sie wollen doch nicht, daß wir beginnen müssen, auf Passanten zu schießen ... Davon hätte schließlich keiner etwas; außer Kostolany.

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