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Bahn findet keine Kunden für Güterzüge

Vor einem Jahr weihte die Bahn stolz ihr Güterzentrum Großbeeren ein. Doch trotz millionenschwerer Investition wurde bis heute von dort keine Kiste geliefert. Nun streicht die Bahn es aus dem Fahrplan  ■   Von Annette Jensen

Berlin (taz)– Aus der Traum: Der millonenteure Containerumschlagplatz in Großbeeren bei Berlin wird künftig nicht mehr als ein Abstellgleis sein. Dabei hatte die Deutsche Bahn AG (DB) das Güterterminal erst im vergangenen Jahr mit viel Tamtam eingeweiht. „Seither hat die DB Cargo keine einzige Kiste von dort aus transportiert“, bilanziert DB-Sprecher Michael Adam. Insgesamt fast 40 Millionen Mark haben Bund, Bahn und EU für das gesamte Güterverkehrszentrum aufgebracht. Ab September wird der brandenburgische Ort deshalb nicht mehr im Fahrplan auftauchen. Damit wird nun auch offiziell keines der drei Güterverkehrszentren rund um Berlin mehr von der Schiene aus bedient.

Peinlich für Berlin und Brandenburg: Die beiden Länder hatten ihr Gütertransportkonzept bei der Expo als ökologisch vorbildlich auch für andere Metropolen angemeldet. DB, Spediteure und die Landesentwicklungsgesellschaft Brandenburg schieben nun sich gegenseitig den schwarzen Peter zu, wer schuld an der Gleisruine ist. „Die Spediteure haben uns das Blaue vom Himmel versprochen und dann nichts davon eingehalten“, empört sich Michael Adam. Die Größe des Terminals sei nach dem zuvor ermittelten Bedarf ausgelegt worden. Zunächst seien 3 Verbindungen vorgehalten worden, und zum Sommerfahrplan habe man das Angebot sogar auf 15 Anschlüsse ausgeweitet. „Doch niemand nutzt es“, klagt der Bahnsprecher. Deshalb werde das Angebot eingestellt.

Die DB Cargo will ihr Personal aus Großbeeren abziehen, die gemieteten Trassen bei der DB Netz abbestellen und auf diese Weise täglich 8.000 bis 10.000 Mark einsparen. „Leider steht in Großbeeren kein Geldscheißer“, erklärt Adam resigniert. Wenn aber ein Kunde Bedarf anmelde, könne er nach wie vor einen Zug von oder nach Großbeeren bestellen. „Das Personal bringen wir dann mit.“

Birgit Flügge von der Landesentwicklungsgesellschaft Brandenburg (LEG) sieht die Schuld für den Flop dagegen bei der Bahn. Der Bau eines Terminals allein reiche noch nicht aus. „Dazukommen muss ein attraktives Leistungsangebot was Preis, Zielorte, Abfahrts- und Ankunftszeiten angeht.“ Doch daran habe es offenbar gemangelt. Die Spediteure jedenfalls hätten den Fahrplan als „hochgradig unattraktiv“ eingeschätzt. Dabei gäbe es eine große Bereitschaft größere Mengen mit Zügen transportieren zu lassen, erklärt Flügge. Als Beleg führt die LEG-Mitarbeiterin das Güterverkehrszentrum Wustermark an, ein anderes der drei Brandenburger Güterverkehrszentren. Dort soll bis zum kommenden Jahr ein privat finanziertes Terminal entstehen. „Der Investor trägt das Betriebsrisiko, insofern geht er wohl davon aus, dass es sich rechnet“, sagt Flügge. Vorverträge über Transportmengen seien bereits abgeschlossen. Wer die 20 Millionen Mark aufbringen will, ist allerdings noch ein Geheimnis; in zwei Monaten wolle die LEG den Namen des Investors nennen. Allerdings war bereits vor etwa einem Jahr von einem unmittelbar bevorstehenden Vertragsabschluss die Rede gewesen.

Die Bahn AG hat schon abgewunken: Sie hatte für Wustermark viel zu geringe Transportmengen prognostiziert, denen ein Finanzbedarf von 70 Millionen Mark für das Terminal gegenüberstünde. Die Plan eines Berlin-Brandenburger Verbunds der Güterverkehrszentren (GVZ) sei im Prinzip zwar sinnvoll, urteilt dagegen Markus Hesse vom Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner. Doch sei die Konstruktion extrem anspruchsvoll – und die nötigen Voraussetzungen leider nicht gegeben. Viele Firmen hätten sich kurz nach er Wende bereits anderswo angesiedelt und seien jetzt nicht mehr zu einem Umzug bereit, zumal der Vorteil eines GVZ gegenwärtig oft in nicht viel mehr als einer LKW-Waschanlage bestehe. So sind auch die drei in Berlins Umgebung ausgewiesenen Gewerbegebiete an den Güterverkehrszentren bei weitem noch nicht gefüllt: In Großbeeren sind gerade einmal 60 der 150 Hektar an Unternehmen verkauft oder verpachtet, in Wustermark gar nur 30 von 110 Hektar. „Die Krux aber liegt vor allem im politischen Umfeld“, meint Hesse. Um entsprechende Firmen anzulocken und eine kritische Masse für den Schienentransport zu erreichen, müssten Berlin und Brandenburg finanzielle Vorteile für eine Ansiedlung in einem solchen Gebiet und die Nutzung der umweltfreundlichen Bahn bieten – doch dafür ist kein Geld in den Kassen. Die Alternative wären Restriktionen wie eine einschneidende Straßennutzungsgebühr.

Hinzu kommt der dramatische Preisverfall: Durch den EU-Binnenmarkt sind die Speditionspreise um 60 Prozent abgesackt. Vor allem der Abbau von Zugangsbeschränkungen für ausländische Spediteure ließ die Preise purzeln und drängte die Bahn weiter aus dem Markt. Nur noch 16 Prozent des Transports läuft derzeit über die Schiene – Tendenz sinkend. 64 Prozent werden dagegen bereits über die Straße abgewickelt.

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