Seemann am Pfahl

Am Altonaer Balkon schnitzen Kinder einen Totempfahl – um die Kreativität zu fördern  ■ Von Konstanze Ehrhardt

Fische, Vögel, dazwischen Dracula und ein Seemann mit Brille: Was da am Altonaer Balkon mit Blick auf den Hafen entsteht, lässt sich sehen. 10-16jährige Kinder und Jugendliche schnitzen hier im Rahmen des Altonaer Sommerferienprogrammes einen Totempfahl. Das Gartenbauamt hat dafür einen drei Meter langen Eschenstamm gespendet.

„Die Kinder kommen mit ihren Eltern oder auch allein vorbei und hämmern für ein oder zwei Stunden“, erzählt Johann-Reimer Schulz, Holzbildhauer und freiwilliger Betreuer des Projektes. Mit dem Schnitzwerkzeug, das zur Verfügung steht, kann jeder sein ganz persönliches Bild in das Holz eingravieren. „Das wird Dracula, weil der am einfachsten ist“, sagt Christian Lahme. Konzentriert und mit freiem Oberkörper hämmert der 11-Jährige auf den Baumstamm ein, und man kann die Vampirzähne schon ganz gut erkennen. Für eventuelle Missgeschicke liegen zur Sicherheit Pflaster bereit. Aber bis jetzt verlief alles reibungslos und ohne Unfälle. So mussten bisher nur Honigbonbons ausgegeben werden – zur Erfrischung.

Die Aktion wird von dem neu gegründeten Verein „Ach Kinder“ veranstaltet. Die Kinder- und Jugendinitiative hat „die Förderung der Kreativität benachteiligter Kinder“ zum Ziel. Neben dem Ferienprogramm sind noch andere Projekte vorgesehen. So sollen beispielsweise ein kostenloser Kunstunterricht angeboten, Ferienseminare und Workshops organisiert und Museumsbesuche für Kinder ermöglicht werden, die aus sozial schwachen Familien kommen. Das Ganze ist als Zusatzausbildung zum allgemeinen Schulunterricht gedacht.

Der Verein und seine Aktivitäten finanzieren sich im wesentlichen aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Sponsorengeldern. Betreuer wie Johann-Reimer Schulz arbeiten ehrenamtlich. Künstlerische Erziehung statt Medienüberflutung – so stellt sich Schulz sein pädagogisches Konzept vor. „Wenn man nur auf dem Stuhl sitzt, vor dem Computer, dann verkümmert die Kreativität“, meint Johann-Reimer Schulz. „Gerade dann muss das manuelle Arbeiten gefördert werden“.

Doch der Spaß ist am Altonaer Balkon erst mal das Wichtigste. Christian Lahme findet es jedenfalls „cool“. Er will wiederkommen, um seinen Dracula fertig zu stellen. Und damit man dann hinterher all die Handarbeit bewundern kann, soll der Totempfahl erst bemalt und dann an Ort und Stelle in die Erde versenkt werden.