Sozialressort im Tiefschlaf versunken

■ Sozialverwaltung verpennt neue Beschäftigungsgesetze / Honorarverträge plötzlich nicht mehr verlängert / Keiner weiß, wie es in Freizeitheimen und Kindergärten im September weitergeht

In Freizeitheimen, Spielhäusern und Kindergärten liegen die Nerven blank: Ganz plötzlich nämlich wurden alle zum Sommer befristeten Verträge von Honorarkräften einfach nicht mehr verlängert. Die neuen Beschäftigungsgesetze forderten Klärungsbedarf, hieß es vom Amt lapidar. Ende August werde man soweit sein, lasen die Mitarbeiter in einem Fax. Doch schon am 1. September beginnt der Betrieb wieder – „und keiner weiß Bescheid“.

Nach Einschätzung von Personalräten bahnt sich deshalb gerade eine „Katastrophe“ an. Die Grünen haben bereits reagiert – und beim Senat eine Anfrage zum Thema eingereicht. Schließlich deckt die Stadt mit billigen Honorar-Kräften viele Angebote ab – vom Mittagstisch für Lücke-Kinder in Freizeitheimen bis zu Integrationshilfen für behinderte Kinder in Kindergärten. Jahr für Jahr bekamen viele ihre befristeten Verträge einfach verlängert.

Dabei ist diese Praxis seit Monaten quasi illegal: Seit 1. Januar gilt nämlich das neue Gesetz zur Scheinselbstständigkeit, das derlei Beschäftigung ohne Sozialabgaben eindämmen soll – und zudem seit 1. April das 630-Mark-Gesetz, das neuerdings Sozialabgaben für Minijobber mit Haupt- und Nebenjob vorsieht. All das habe die Sozialbehörde aber bislang ignoriert – und aus Kostengründen „einfach die Augen zugedrückt“, klagt Personalrätin Jutta Mau aus dem Amt für Soziale Dienst Süd.

Die Quittung für die sechsmonatige Untätigkeit: Fünf Honorarkräfte aus dem Süden, die jahrelang als „Scheinselbständige“ arbeiteten, klagten sich jetzt per neuem Gesetz bei der Stadt ein. Sie bekommen nun laut Mau eine sozialversicherungspflichtige Teilzeitstelle bei der Stadt. „Und diese Klagen sind erst die Spitze des Eisbergs“, schätzt die Personalrätin.

Davon aufgeschreckt stoppte die Behörde jetzt offenbar das bisherige Honorarverfahren: „Ein Unding“, sagt dazu eine Freizi-Mitarbeiterin aus der Neustadt: „Die neuen Gesetze sind lange bekannt, erst jetzt wird etwas getan.“ Aber von Verschleppung will die Behörde nichts wissen. Man hätte die Honorarkräfte vorher angeschrieben, sie sollten ihren Beschäftigtenstatus mit den Krankenkassen klären. Außerdem seien zum Sommer nur knapp zwölf Honorarkräfte betroffen, die restlichen 300 Verträge würden bis Jahresende laufen. Die neue Arbeits- und Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) habe jetzt ihren Staatsrat beauftragt, bis Ende August für Klärung zu sorgen.

Doch niemand kann sich vorstellen, wie die aussehen soll: Schließlich sei für die Umwandlung in feste Stellen doch gar kein Geld da. Intern wird deshalb nun händeringend an einer Lösung in punkto Sozialabgaben, Finanzierbarkeit und geringfügiger Beschäftigung gearbeitet. „Wahrscheinlich bleibt es beim knappen Stundenlohn von 20 Mark – und davon muß man dann auch noch die Sozialabgaben bezahlen“, fürchten die Betroffenen für die Minijobber.

Die freien Träger haben schon gehandelt: Die AWO hat ihre Kräfte bereits durchgecheckt und schon mal vorab höhere Zuschüsse bei der Stadt beantragt. Viele Stellen müssten schließlich in feste umgewandelt werden – „und dafür müssen wir künftig Sozialabgaben zahlen“, erklärt ein Mitarbeiter. Bislang habe das Sozialressort aber noch nicht geantwortet – „dann müssen wir eben mit den angebotenen Stunden etwa in Spielkreisen runter. Mehr Geld ist doch bei uns auch nicht da.“ kat