■ Eine neue Studie der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik räumt mit den gängigen Klischees auf: Frauen haben Führungsetagen von Unternehmen doch erobert. Vor allem aber die der kleinen und mittleren Betriebe: Gruppenbild mit Damen
Haben Sie das Gejammere satt? Dass Frauen in der Wirtschaft nichts zu sagen haben? Dass sie sich immer wieder ihre Nasen am „gläsernen Dach“, das die oberste Führungsebene nach unten hin abschottet, blutig stoßen? Dann sind Sie hier richtig.
Denn es stimmt nicht, dass der Frauenanteil in den Chefetagen dramatisch gering ist. Zu diesem Schluss kommt Sonja Bischoff, Professorin an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP). In ihrer dritten, bislang nur in Auszügen veröffentlichten Studie mit 350 Befragten zum Thema „Männer und Frauen in den Führungspositionen in der Wirtschaft der BRD“ nach 1986 und 1991 stellt sie fest, dass kontinuierlich mehr Frauen ihren Weg ins Management finden – auch wenn es sich dabei um Positionen auf den unteren Führungsebenen sowie in kleinen und mittelständischen Unternehmen handelt.
War 1991 nur jede 25. Führungskraft eine Frau, gilt dies heute schon für jede achte. Nicht genug, aber auch nicht schlecht, wenn man weiß, dass noch 1996 nur jeder vierte Abschluss in einem „karriereorientierten Studiengang“ wie Mathematik, Jura, Wirtschaftswissenschaften oder Ingenieurswesen von einer Frau gemacht wurde.
Heute haben anderthalb mal so viele Frauen wie Männer auf der untersten Managementebene einen Hochschulabschluss und damit beste Qualifikationen, ganz nach oben zu kommen. So ist es nicht überraschend, dass auch in einer Umfrage der Wirtschaftswoche rund 85 Prozent der Unternehmen zu der Prognose kommen, „dass Frauen künftig stärker als bisher in der Führungsmannschaft vertreten sein werden“.
Vor allem aber räumt die Professorin in ihrer Studie mit einer Reihe von Klischees auf: Frauen müssen heute keineswegs öfter als Männer ohne Förderer auskommen – jeweils 70 Prozent der Befragten konnten einen Mentor oder eine Mentorin vorweisen.
Auch Kinder behindern nicht zwangsläufig den Weg nach oben. Doch weil sich die Frauenförderung Anfang der 90er Jahre vorrangig auf die Vereinbarung von Beruf und Familie konzentrierte, fiel laut Bischoff ein wichtiger Punkt hintenüber: das Geld, der eklatante Unterschied bei den Gehältern von Männern und Frauen. Im Marketing beispielsweise – das jahrelang als Männerdomäne galt, inzwischen aber zunehmend von Frauen mitbestimmt wird – streichen 21 Prozent der befragten Männer jährlich mehr als 200.000 Mark ein. Nicht eine der befragten Frauen bekam so viel, die Hälfte sogar weniger als 100.000 Mark. Auch EuroStat, das statistische Amt der EU, hat kürzlich Zahlen veröffentlicht, die diese Ungleichheit bestätigen. Zwar näherten sich die Einkommen von Frauen insgesamt immer mehr an die der Männer an. Nach Abzug von strukturellen Faktoren wie unterschiedliche Berufe, Branchen und Betriebszugehörigkeiten bleibe jedoch eine nur langsam sinkende Differenz von 15 Prozent.
Dass diese Diskussion lange vernachlässigt wurde, hatte laut Studie geradezu absurde Auswirkungen: Rund 80 Prozent der Großunternehmen boten den bei ihnen beschäftigten Frauen als „Fördermaßnahme“ an, den Erziehungsurlaub über den gesetzlichen Zeitraum hinaus auszudehnen, „Aufgrund der niedrigeren Einkommen im Vergleich zu den Männern nahmen viele das Angebot wahr – und kamen nicht zurück“, schreibt Bischoff. Ein Pionierunternehmen der Frauenförderung habe auf diese Weise trotz Wiedereinstiegszusagen 85 Prozent der Frauen verloren, nachdem sie erst einmal in Erziehungsurlaub gegangen waren.
Dagegen setzt die Professorin auf die Vorbildfunktion von Unternehmerinnen. Sie haben ihre Arbeitszeiten und Arbeitsorte vollständig flexibilisiert. „Damit können sie nicht nur Privat- und Berufsleben nach ihren Bedürfnissen verzahnen, sondern sie haben auch das Einkommen, das ihnen erlaubt, Kinderbetreuung in größerem Umfang einzukaufen.“
Trotzdem sind von Frauen geleitete Betriebe, wie eine Umfrage der französischen Wirtschaftszeitung L'Entreprise unter 22.000 Unternehmen vor zwei Jahren zeigte, rentabler als solche mit einer männlichen Spitze.
Sollten Frauen sich also lieber selbstständig machen? Wenn es nach Einkommen geht, ja. Bischoffs Untersuchung zeigt, dass in Unternehmen mit überdurchschnittlich hohem Frauenanteil im Management das Einkommensniveau sinkt – bei Frauen und bei Männern. Beate Willms
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