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Keine Staatsknete für Flughafen

■  Öffentlich finanzierter Flughafenausbau gilt als Worst-Case-Szenario. Vorerst keine zusätzlichen Kosten für Berliner Haushalt. Nächste Woche erste Bietergespräche

Die Gesellschafter der Flughafenholding BBF – Bund, Berlin und Brandenburg – halten an der Privatisierung des Großflughafens in Schönefeld fest. Das sagte gestern der Chef der Brandenburger Staatskanzlei, Peter Linde. Gestern berieten die Gesellschafter über Konsequenzen aus dem Flughafenurteil. Das OLG Brandenburg hatte am Dienstag überraschend geurteilt, die Vergabe des Flughafenausbaus an das Hochtief-Konsortium sei rechtswidrig.

Einen Flughafenausbau mit öffentlichen Geldern und die Verschiebung der Privatisierung bezeichnete Linde als „Worst-Case-Szenario“. Dies sei nicht die Position der Gesellschafter, betonte er. Eine derartige Überlegung hatten zuvor Brandenburgs Finanzministerin Wilma Simon (SPD) und ein Berliner CDU-Politiker angestellt. Da mit beiden Bieterkonsortien neu verhandelt werden muss, wird sich die Privatisierung voraussichtlich um sechs Monate verzögern, schätzte Linde. Ein erstes Gespräch zwischen BBF und den Konsortien soll bereits in der nächsten Woche stattfinden.

Als „eine Revolution, die niemand vorhersehen konnte“, bezeichnete BBF-Rechtsanwalt Dr. Weitbrecht die Bewertung von so genannten Doppelmandaten durch das Gericht. Die beiden Bundesbeamten, die im Aufsichtsrat der BBF sitzen, haben ihr Aufsichtsratmandat in der Frankfurter Flughafen AG bereits aufgegeben. Offen ist noch, wie Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) der Auflage des Gerichtes nachkommen will. Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Volker Kähne, antwortete gestern ausweichend auf die Frage, ob sie ein Aufsichtsratsmandat niederlegen werde. „Wir ziehen uns den Schuh des Doppelmandats nicht an“, sagte Kähne. Der Senat werde darüber beraten, wie die vom Gericht geforderte Neutralität gewahrt werden könne.

Wie Kähne erläuterte, will die BBF erst nach Gesprächen mit den beiden Bietern entscheiden, ob die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren von der Projektplanungsgesellschaft PPS eingereicht werden. Es sei durchaus möglich, sagte Linde, in einem laufenden Planfeststellungsverfahren noch Änderungen vorzunehmen. „Das ist uns signalisiert worden.“ Es dürfe sich aber nicht um substantielle Änderungen wie beispielsweise die Verlegung einer Startbahn handeln.

Für das Land Berlin entstehen durch die verzögerte Privatisierung vorläufig keine zusätzlichen Kosten. Die Tilgung der BBF-Altschulden, die durch überflüssige Grundstückskäufe im Baufeld Ost aufliefen, ist erst am 26. Februar 2000 fällig. Die Altschulden sollten mit dem Kaufpreis verrechnet werden. Erst wenn am Stichtag kein Käufer feststeht, wird eine Umschuldung nötig.

Die ÖTV erhob gestern Vorwürfe, dass Hochtief geplant habe, den tarifvertraglichen Sonderkündigungsschutz bis Ende 2003 durch die Aufteilung der Flughafengesellschaft in Einzelgesellschaften zu unterlaufen. Linde wies dies zurück. Man überlege aber, entsprechende Klauseln zur Vertragseinhaltung „zu konkretisieren“. Dorothee Winden

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