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Gericht stoppt Sonntagsverkauf

■  Der Kaufhof am Alex darf laut Gerichtsbeschluss sonntags nur noch „touristischen Bedarf“ verkaufen. Die Kennzeichnung der Artikel als „Berlin-Souvenir“ sei eine durchsichtige Umgehung des Verkaufsverbots. Kaufhof legt Widerspruch ein

„Wir haben sonntags geöffnet.“ Während vor dem Berliner Kaufhof am Alex ein Schild die frohe Botschaft verkündete, zeigte man sich gestern nebenan im Forum-Hotel schon nicht mehr so glücklich: „Wir wir werden auf keinen Fall geltendes Recht beugen“, erklärte Kaufhof-Chef Günter Biere auf einer eilends einberufenen Pressekonferenz. Hintergrund ist die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichtes. Das Gericht untersagte gestern dem Kaufhaus, sonntags sein gesamtes Sortiment zu verkaufen.

Am vergangenen Sonntag katte der Kaufhof am Alex sein gesamtes Angebot als „Berlin-Souvenirs“ deklariert. Dies sei „eine durchsichtige Umgehung des Verbots, sonntags jegliche Waren feilzubieten“, so das Gericht in seiner Eilentscheidung. Noch gelte das „auch vom Bundesverfassungsrecht bestätigte Ladenschlussrecht“. Selbst wenn das Gesetz durch zahlreiche Ausnahmeregelungen erheblich aufgeweicht sei, stehe es doch nicht zur Disposition eines jeden Gewerbetreibenden, erklärte das Gericht. Zur Erinnerung: Kürzlich hatte Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) den Sonntagsverkauf „touristischer Waren“ in der Innenstadt erlaubt.

Gegen den Entscheid habe man Widerspruch beim Berliner Oberverwaltungsgericht (OVG) eingelegt, erklärte Biere. Der Kaufhof-Chef machte drei Szenarien auf: Entscheidet heute das OVG im Sinne des Kaufhofes, wird das ehemalige Centrum-Warenhaus auch an diesem Sonntag geöffnet. Wird die Entscheidung vertagt, oder fällt sie negativ aus, bleibt der Laden dicht. „Wir können nicht unseren ganzen Bestand in touristische und nichttouristische Artikel aufteilen“, so Biere.

Beobachter schätzen die Kaufhof-Chancen vor dem OVG als nicht sehr hoch ein. Auch Biere musste sich sich um Optimismus bemühen: „Wir haben die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben.“ Ein Sprecher des Regierenden Bürgermeisters, Eberhard Diepgen, erklärte gestern, er gehe davon aus, dass der „Kaufhof am Sonntag geschlossen bleibt“. Diepgen hatte am Mittwoch überraschend seinen Urlaub abgebrochen – unter anderem wegen der Querelen um den Ladenschluss.

Diepgen intervenierte gestern sowohl beim Chef des Kaufhofs am Alex als auch beim Konzern-Chef der Kaufhof AG in Köln. Begründung: „Der Sonntag wird durch das Grundgesetz und die Berliner Verfassung geschützt.“ Die Liberalisierung des Ladenschlusses sei zwar nicht aufzuhalten. „Aber sie muss in geregelten Bahnen verlaufen“, so Diepgen.

Der Regierende Bürgermeister verwies nochmals auf die Bundesratsinitiative des Senats. Demnach sollen die Geschäfte von Montag bis Sonnabend von 6 bis 22 Uhr öffnen dürfen. Der Sonntag soll aber tabu bleiben. Der Landes-Chef der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Manfred Birkhahn, vermutet jedoch eine Absicht hinter dem Hickhack um die Sonntagsöffnungen. „Erst hat der Senat mit seinen Verordnungen den Sonntag freigeschossen, jetzt soll als Kompromiss der verlängerte Ladenschluss unter der Woche übrig bleiben.“ Richard Rother

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