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Korruption bei Bauprojekten

■  Der Chef der Bayrischen Beamten Versicherung soll illegale Provisionen kassiert haben. Betroffen sind unter anderem Bauvorhaben in Spandau und beim Flughafen Schönefeld

Gestern war es so weit. In München trat der Aufsichtsrat der Bayrischen Beamten Versicherung (BBV) zu einer Krisensitzung zusammen. Grund: eine Immoblienaffäre, die ihre Kreise bis nach Berlin gezogen hat. Bereits am Dienstag war der BBV-Chef Klaus Dieter Schweickert in Innsbruck verhaftet worden. Die Bochumer Staatsanwaltschaft wirft Schweickert Erpressung, Untreue und Steuerhinterziehung vor.

Der Münchner Oberstaatsanwalt Peter Schlicht, der die Ermittlungen in Berlin leitet, erklärte gestern gegenüber der taz, Schweickert habe nicht nur beim Verkauf des Bonner Entwicklungshilfe-Ministeriums, sondern auch bei mehreren Projekten in Berlin illegale Provisionen kassiert. Schweickert soll nach den Angaben von Schlicht bei Bauprojekten auf dem Gelände der ehemaligen Schultheiss-Brauerei in Spandau, an der Friedrichstraße, in der Krausenstraße und am künftigen Großflughafen Berlin-Schönefeld die Hand aufgehalten zu haben. Die BBV lässt in der Wasserstadt Spandau 700 Wohnungen errichten. Dazu kommen auf dem ehemaligen Schultheiss-Gelände eine Bibliothek, ein Hotel und eine Kindertagesstätte – insgesamt ein 500-Millionen-Mark-Projekt.

Schweickerts Masche, Extrageld zu kassieren, war einfach: Die BBV habe bei Immobiliengeschäften eine Provision von zwei oder drei Prozent an ihre Geschäftspartner zahlen müssen, so Oberstaatsanwalt Schlicht. Von denen hat sich der BBV-Chef dann ein Viertel privat zurückzahlen lassen, erläuterte Schlicht die Methode. Allein beim Verkauf des Entwicklungshilfe-Ministeriums an eine Käufergemeinschaft aus BBV, Deutscher Pfandbriefanstalt und Veba Immobilien soll Schweickert 1996 nach Angaben der Bochumer Staatsanwaltschaft 3 Millionen Mark kassiert haben. Schweickert ist auch Aufsichtsratschef der Deutschen Pfandbriefanstalt.

Laut einem Bericht des Sterns wird Schweickert verdächtigt, insgesamt 7 Millionen Mark sowie eine Wohnung am Starnberger See bei München von dem Bonner Bauträger Berthold Kaaf erhalten zu haben. Kaaf sitzt seit Juli in Untersuchungshaft.

„Kein Kommentar“, sagte gestern ein BBV-Sprecher auf Anfrage. „So tief stecke ich in den Bauprojekten nicht drin.“ Auch im Berliner BBV-Büro meinte man gestern nicht zu wissen, welche Bauprojekte in der Hauptstadt betroffen sind. Noch am Dienstag hieß es in einer Erklärung der BBV, das Unternehmen sei von der Verhaftung seines Chefs „völlig überrascht worden“. Und: „Mitarbeiter und Führungsspitze der BBV-Gruppe können sich schwerlich vorstellen, dass die behaupteten Vorwürfe gegen Herrn Dr. Schweickert berechtigt sind.“

Die mutmaßlichen Mauscheleien sind durch einen anonymen Brief ans Tageslicht gekommen. Im Mai hieß es in einem Schreiben an die Veba-Immobilien-Tochter Viterra, die Maklerprovisionen seien „schwarz“ an diverse am Erwerb einer Immobilie Beteiligte zurückgeflossen. Richard Rother

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