: Nach dem Spiel zum Verhör
■ Weil sie im Norden Blumen niederlegten, müssen Süd-Koreas Kicker zum Rapport
Berlin (taz) – Es war eine Fußballreise nach Nord-Korea, doch nach ihrer Rückkehr erwartet die Delegation des militanten südkoreanischen Gewerkschaftsbundes KCTU ein Verhör durch die Justizbehörden Süd-Koreas. Dies ordnete Premierminister Kim Jong-Pil persönlich an, berichtete die Korea Times in der Hauptstadt Seoul. Er reagiere damit auf Meldungen der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur, wonach die 22 Spieler und ihre 15 Betreuer Blumen am Mausoleum für Nord-Koreas verstorbenen Führer Kim Il Sung niedergelegt hätten.
Das Verhör soll nun Aufschluss geben, ob die südkoreanischen Gewerkschafter dies freiwillig machten. Süd-Koreas Regierung hatte die Reise nur unter der Auflage bewilligt, dass sich die Delegation nicht im Norden politisch betätige. Die südkoreanische Mannschaft und ihre Begleiter waren am Samstagnachmittag über den Waffenstillstandsort Panmunjom in der demilitarisierten Zone in den Süden zurückgekehrt. Auf dem Hinweg hatten sie über Peking fliegen müssen.
Gewerkschaftsführer Lee Kap-yong bezeichnete die Reise als Beitrag zur Wiedervereinigung. Die Delegation hätte ihr Möglichstes getan, um die Regierungsauflage zu erfüllen. „Wir haben uns nur bei Kim Jong Il dafür bedankt, dass er uns die Fußballspiele erlaubt hat“, sagte Lee. Kim Jong Il ist der Sohn Kim Il Sungs und seit dessen Tod der Führer des stalinistischen Landes.
Das Spiel gegen eine Gewerkschaftsauswahl aus dem Norden endete am Donnerstag bei strömendem Regen 4:5 (Halbzeit: 0:5). Angeblich sahen das Match im Yanggakdo-Stadion in der nördlichen Hauptstadt Pjöngjang 100.000 Zuschauer; es wurde live im nordkoreanischen Fernsehen und Radio übertragen. Eine zweite Partie gemischter Mannschaften endete am Freitag politisch korrekt mit 4:4. Die Gewerkschaften vereinbarten eine Wiederholung der Spiele in einem Jahr in Seoul.
Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen