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Erfolg für Reformkräfte in Iran

■  Einen Monat nach den Studentenprotesten wird Justizminister Jasdi abgelöst. Einem Zeitungsbericht zufolge sollen Anführer der Demonstrationen hingerichtet worden sein

Dubai/Teheran (AP/AFP/Reuters) – Einen Monat nach den Massendemonstrationen in Iran haben die Reformkräfte einen wichtigen Erfolg erzielt. Der für die jüngsten Verbote liberaler Zeitungen verantwortliche Leiter des Justizwesens, Ajatollah Mohammad Jasdi, wurde am Samstag abgelöst. Der geistliche Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, berief Ajatollah Mahmud Haschemi Schahrudi als Nachfolger.

Die von Jasdi angeordnete Einstellung der liberalen Tageszeitung Salam hatte Mitte Juli die bisher größten regierungskritischen Studentendemonstrationen seit der Islamischen Revolution und dem Sturz des Schah-Regimes vor zwanzig Jahren ausgelöst. Der iranische Kulturminister Ataollah Mohadscherani begrüßte die Ernennung Schahrudis und sagte einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge, er hoffe, dass unter der neuen Führung des Justizwesens keine Tageszeitung mehr verboten werde.

Offiziell wurde die Ablösung Jasdis damit begründet, dass seine Amtszeit nach zehn Jahren abgelaufen sei. Chamenei stand politischen Beobachtern zufolge aber unter dem Druck gemäßigter Kräfte um Präsident Mohammad Chatami, die Aufsicht über das Justizwesen einer weniger streng dogmatisch ausgerichteten Person zu übertragen.

In einem gestern vorgelegten Bericht machte der Nationale Sicherheitsrat Polizisten und radikale Studenten für die Proteste an der Teheraner Universität im Juli verantwortlich. Darin werden sieben hochrangige Polizisten und eine ungenannte Zahl Antiaufruhr-Polizisten des Angriffs auf ein Studentenwohnheim beschuldigt, der die mehrtägigen Ausschreitungen auslöste. Zudem benennt der Bericht eine militante islamische Studentenorganisation als verantwortlich für die Zusammenstöße. Das Gremium wirft der Studentenorganisation „Ansar e Hisbollah“ vor, „die Studenten provoziert und sich an den Ausschreitungen beteiligt“ zu haben.

Der Nationale Sicherheitsrat unter Leitung Chatamis hatte bereits Ende Juli einige Polizeikommandeure für die Übergriffe auf die Studenten verantwortlich gemacht und ihre Festnahme angeordnet. Irna zitierte aus dem Bericht, die Festgenommenen seien weiter in Haft, aber noch nicht verurteilt. Deshalb könnten ihre Namen nicht veröffentlicht werden.

Gefordert worden war auch die Ablösung des konservativen Polizeichefs Hedajat Lotfian. In dem Bericht wurde festgestellt, dass Lotfian der Polizei keine Befehle zur Besetzung des Universitätsgeländes gegeben habe.

Mehrere Anführer der Protestbewegung vom Juli wurden in den vergangenen Tagen offenbar zum Tode verurteilt. Unter Berufung auf informierte Kreise berichtete am Samstag die Tageszeitung Kayhan, das Islamische Revolutionsgericht habe die Hinrichtung von „Anstiftern der jüngsten Störungen in Teheran“ angeordnet. Der Bericht der den Hardlinern nahe stehenden Zeitung wurde von anderer Seite zunächst nicht bestätigt.

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