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Wachschützer sollen zehn Mark die Stunde verdienen

■ Die christliche Minigewerkschaft GÖD hat einen Tarifvertrag zum Lohndumping im privaten Sicherheitsgewerbe unterzeichntet. Die ÖTV stellt die Tariffähigkeit in Frage

Zehn Mark zwanzig soll ein Wachmann verdienen. Brutto, versteht sich. Jedenfalls, wenn es nach der christlichen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) geht. Die hat jetzt einen Tarifvertrag mit der Berliner Landesgruppe des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) abgeschlossen.

Nachdem der BDWS die Tarifverträge mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) gekündigt hatte, „fand sie nun in der GÖD den bequemen Tarifpartner, der bereit war, Dumpinglöhne per Tarifvertrag festzuschreiben“, hieß es gestern in einer Erklärung der ÖTV. Bisher wurden laut ÖTV-Tarifvertrag 13,26 Mark gezahlt. Im neuen Vertrag fallen außerdem noch das Weihnachtsgeld und der 25-prozentige Mehrarbeitszuschlag weg.

„Auf dem Rücken der Beschäftigten will der BDWS mit Hilfe der CSU-nahen GÖD die schwarzen Schafe der Branche salonfähig machen“, erklärte der stellvertretende Berliner ÖTV-Chef, Uwe Scharf. Die Arbeits- und Einkommensbedingungen im Bewachungsgewerbe befinden sich bereits heute im unteren Bereich der Tarifskala. „Weitere Verschlechterungen könnten dazu führen, dass nicht wenige Beschäftigte des Bewachungsgewerbes ergänzende Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen“, sagte Scharf.

Ob es so weit kommt, ist allerdings fraglich. „Die spannende Frage ist, ob die GÖD überhaupt tariffähig ist“, sagte Gerd Denzel, ÖTV-Geschäftsführer für private Sicherheitsdienste. Schließlich habe die GÖD kaum ein Dutzend Mitglieder, so Denzel. Genaue Zahlen werden unter Verschluss gehalten. Eine Gewerkschaft müsse aber über eine gewisse Infrastruktur und eine Mitgliederbasis verfügen.

Schon in der Vergangenheit habe es, insbesondere in Ostdeutschland, „Ärger mit diesen Pseudogewerkschaften“ gegeben. Diese haben auch schon die Gerichte beschäftigt. Wenn ein Gericht eine Gewerkschaft für nicht tariffähig erklärt, sind auch die mit ihr abgeschlossenen Verträge null und nichtig. Die Verfahren seien „mal so und mal so ausgegangen“, sagte Denzel. Über rechtliche Schritte werde jetzt beraten.

Richard Rother

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