piwik no script img

Sein Mann fürs Zonige

■  Heute kommt Harald Schmidt aus der Sommerpause zurück. Und mit ihm sein Ossi-Witze-Schreiber Bernd Zeller, seines Zeichens „echter Ostler“ aus Jena

Vor nicht allzu langer Zeit dokumentierte die „Super Illu“, auflagenstärkste Zeitschrift im Osten, den dortigen Volkszorn über die Ossi-Witze im Fernsehen im Allgemeinen und die „Harald Schmidt Show“ im Besonderen: Das sensible Ostbefindlichkeitsorgan kürte den Late-Night-Moderator per Umfrage zum Kotzbrocken und empörte sich, dass für die Sat.1.-Show ausgerechnet ein „echter Ostler“ die Ossi-Witze schreibt. Sein Name: Bernd Zeller.

Der 32-Jährige, ab und zu selbst als „Zoni“ in der Show zu sehen, hat nach eigenen Angaben „auch mal ein Medizinstudium angefangen“ und „später Jura studiert“. Sein Einstieg in die Comedy-Szene („Ich hatte vor fünf Jahren in Jena ein Satireheftchen herausgegeben, das in ,Titanic‘ gelobt wurde und mir ein Angebot von RTL bescherte, wo man gerade Gagschreiber für die ,Nachtshow‘ von Koschwitz suchte ...“) habe ihm jedoch „den Examensabschluss verhindert“. Zeller wohnt in Jena, schickt seine Gags per Fax und kommt nur für die Zoni-Sketche nach Köln. Von dort meldet sich heute auch Harald Schmidt aus der Sommerpause zurück. Womöglich geläutert? Wir fragten den Zoni persönlich.

taz: „Junge, warum schreibst du so einen Mist?“, hat Sie, Zitat „Super Illu“, Ihre Mutter gefragt. Redet sie noch mit Ihnen?

Bernd Zeller: Doch, doch, sie war sogar etwas brüskiert, weil sie sich etwas in die Rolle von Volkes Stimme gedrängt fühlte. Sie hat das ja nicht so gesagt, weil sie von dem Blatt nie selbst befragt worden ist. Allerdings ist meine Mutter auch nicht ganz glücklich mit dem, was ich da mache. Als ich ihr mal sagte, dass ich im Fernsehen bin, und sie sich das dann anguckte, war sie schon etwas entsetzt, was da für Ausdrücke kämen und warum ich mir das gefallen lasse. Sie hat mir sogar eine Karte geschrieben: „Es war das Letzte und du merkst es nicht.“

Jetzt gucken Ihre Eltern die Show nicht mehr?

Sie gehören ja ohnehin nicht zur Zielgruppe.

Freuen sie sich nicht ein bisschen, dass ihr Sohn in der vielleicht kultigsten deutschen TV-Sendung Erfolg hat?

Über den Erfolg schon, aber sie fänden es alles viel schöner, wenn ich einen richtigen Abschluss hätte. Sie denken eben, dass Kunst brotlos ist, es auf Dauer nicht gut gehen kann und man dann was Sicheres braucht.

Wer hat die Nummer eigentlich erfunden?

Vor zwei Jahren kam die Schmidt-Show live von der Funkausstellung aus Berlin, und da gab's einen Sketch, wo Schmidt als Beweis für sein gutes Verhältnis zu den Leuten in den neuen Ländern seinen geknechteten Zoni präsentierte. Die Rolle hatte ich bekommen, weil jemand meinte: „Wir haben doch einen da, wir brauchen keinen von der Casting-Agentur zu holen.“ Das sollte eigentlich ein einmaliger Auftritt bleiben, aber als wir Autoren uns neue Figuren ausdenken sollten, schlug ich den Zoni wieder vor.

Sind Sie der einzige Ossi im Schmidt-Team?

Zumindest der einzige bekennende. Aber unter den Autoren von außerhalb gibt's noch einige konvertierte Ossis.

Wie reagieren Ihre Bekannten und Freunde in Jena auf Ihr Tun, kommen da schon mal Vorwürfe an den Verräter des Ostens?

Nee, bis jetzt nicht. Aber ich musste mir auch mal vom Vater einer Bekannten anhören, das könne ich doch nicht machen, mich so zu verkaufen, und wie ich mich denn dabei fühle.

Was haben Sie geantwortet?

Die Wahrheit natürlich: Dass das alles Comedy ist.

Wie kam die „Super Illu“-Schelte beim Team der „Harald Schmidt Show“ an?

Es gab Überlegungen, das Thema aufzugreifen, aber es wäre wohl zu selbstreferenziell gewesen?

Einen Verzicht auf Ossi-Witze wird es nicht geben?

Wegen der Super Illu-Geschichte auf keinen Fall. Eher wenn bald alle Sendungen ihren Zoni vorführen. Stefan Raab hat seine La Palöma Boys, und neulich habe ich selbst auf MTV gesehen, wie einer den sächselnden Ossi gab. Wenn zu viele bei Schmidt abkupfern, lassen wir es irgendwann bleiben.

Sind Ossis eigentlich humorloser als Wessis?

Überhaupt nicht, aber manchmal fehlt etwas Selbstironie. Normalerweise müssten wir dafür selbst zuständig sein. So wie es Gerhard Polt mit seinen Bayern macht. Von einem Ostkabarettisten wird jedoch häufig erwartet, dass er das Wir-Gefühl pflegt.

Über welches Thema witzeln Sie denn besonders gern?

Die verlorene Identität. Da geht ein Staat unter, und der Deutsche verliert seine Identität. Das ist doch sehr komisch.

Haben Sie auch einen Lieblings-Ostwitz?

Hm ... Ja, Günther Krause (der einstige DDR-Chefunterhändler für den Einigungsvertrag d. R.). MDR-Fernsehdirektor Henning Röhl hat Harald Schmidt in einem offenen Brief in der „Super Illu“ zum MDR eingeladen, um von den dortigen Moderatoren zu lernen. Wird er darauf eingehen?

Ich hoffe doch nicht.

Interview: Gunnar Leue

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen