: Super Stah Warz
Raps vom Mond: Doppelkopf eröffnen die „Episode I“ – Premiere im UCI-Kino ■ Von Eberhard Spohd
Wenn heute Nacht der neue UCI-Kinopalast in Wandsbek eröffnet und der Vorhang geschlossen wird, werden eine Menge Zuschauer sehr unzufrieden sein: Die Episode I, der groß angekündigte vierte – respektive erste – Teil der Star Wars-Trilogie ist vor allem einfach langweilig, und auch die Special Effects sind bei weitem nicht so ansprechend, wie dem Publikum seit Monaten versprochen wird. George Lucas, so scheint es, hat sein Talent verloren, im Kino große Geschichten zu erzählen.
Dabei war es dem Regisseur mit den ersten drei Episoden gelungen, ein Weltraum-Märchen zu erschaffen, das Maßstäbe setzte. Die Saga um Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia setzte auf den archaischen Grundkonflikt von Gut und Böse und ließ sich darum auf vielfältige Weise lesen. Was dem einen als psychologisch deutbarer Plot erschien, war für den anderen perfektes Kinderkino mit hohem Unterhaltungswert. Die aktuelle EpisodeI liefert weder den einen, noch das andere.
Da ist es umso erstaunlicher, bei der heutigen Premiere ein Konkurrenzprogramm zu bieten, das dem Hauptact in puncto Fantasie um Längen überlegen sein wird. Denn bevor die Vorgeschichte um den Kampf gegen die dunkle Seite der Macht präsentiert wird, steht die Hamburger HipHop-Gruppe Doppelkopf auf der Bühne. Deren Rapper Falk gelingt es mit seinen Texten, den Zuhörer ins Weltall zu schießen und zumindest über vier Minuten etwas aufzubauen, was der Hauptfilm des Abends nicht hat: Spannung.
Dabei wirkt das Kalkül der Kinomanager sehr oberflächlich. Um das neue Kino mit einem Event eröffnen zu können, wählte man sich mit der Episode I einen Blockbuster aus, der auch trotz schlechter Kritiken seine Mark machen wird. Und um den Bezug zum Weltall zu behalten, lädt man sich Doppelkopf ein, in deren Texten häufig vom Mond geredet wird. Damit tut man der Crew aus Ohlsdorf aber unrecht.
„Der Mond ist das Tüpfelchen auf dem I der Erde“, beschreibt Falk seine Beziehung zum Erdtrabanten, „jeder kennt ihn, er ist Bestandteil unseres Lebens.“ Auf der anderen Seite schaffe er auch Dis-tanz zum eigenen Standpunkt. Der entscheidende Vorteil des Erdumkreisers sei aber, dass man von dort aus die Erde als Ganzes sieht: Der Mond als Metapher für eine veränderte Sichtweise.
Lucas und Doppelkopf pflegen demnach ganz unterschiedliche Kosmologien. Da ist einerseits die Megaschau, in der menschliche Vorurteile ins Weltall projiziert werden, und andererseits die Kombination von Musik und Text, die den inneren Blickwinkel wendet.
Bei dieser Konstellation ist klar, wer den Kampf um die gute Seite der Fantasie gewinnt: Der Herr der Ringe des Raps und seine untergründigen Beats aus den dunkelsten Höhlen der HipHop-Hobbits erzählen die Märchen, von denen George Lucas keine Vorstellung mehr hat. „Doppelkopf, das sind die zwei Hälften des Bewusstseins“, erklärt Falk den Bandnamen, „das sind die Realität und die Fantasie.“ Doppelkopf will der Garant gegen den Stillstand sein, denn „Stillstand ist der Tod“.
Natürlich wären die Ausführungen über den Bandnamen nur halb so hintergründig, wenn es dazu nicht auch eine inoffizielle Variante gäbe: „Zu Zeiten als wir noch kifften, benutzten mein DJ Teaz und ich einen Bong mit zwei Köpfen. Das hat einfach doppelt geflasht und darum konnten wir nur Doppelkopf heißen.“ Und ebenso selbstverständlich ist, dass Doppelkopf sich nicht als Repräsentanten von UCI oder George Lucas verstehen. Für sie ist dieser Auftritt die Möglichkeit, bequem eine Release-Party ihrer neuen Single „Super Stah“ zu feiern. Die Premiere des am größten angekündigten Filmes des Jahres zur eigenen PR-Veranstaltung umzumünzen: Das zeugt von wahrer Fantasie.
heute, UCI-Kinopalast, ab 22 Uhr
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