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Papa Morgana am Millerntor

■ Vereinsboss Heinz Weisener ist einer der wenigen, die noch an den Stadion-Neubau des FC St.Pauli glauben – die taz fragte bei seinem Berater und bei Aufsichtsrat Holger Scharf nach

Eine Fata Morgana in Hamburg – unmöglich? Weit gefehlt. Seit nunmehr sechs Jahren flimmert über dem FC St. Pauli immer wieder das Trugbild eines neuen Fußball-Stadions. Das ehrwürdige, aber marode „Millerntor“ verschlingt jährlich horrende Summen für seine Instandsetzung, so dass einzig der Neubau einer modernen Arena den verschuldeten Verein noch retten könne, heißt es fast ebenso lange. Bis heute sind derartige Aussagen jedoch nicht mehr als heiße Luft. Der ominöse Baubeginn wurde allein in den letzten zwei Jahren fünfmal verschoben und somit immer mehr zur Posse. Erst vergangene Woche verkündete Vereinspräsident „Papa“ Heinz Weisener, dass in diesem Jahrtausend nicht mehr begonnen werden könne. Eine konkrete Begründung blieb der 71-jährige allerdings genauso schuldig wie klärende Worte zur Finanzierung des Millionenprojekts. Die taz sprach mit Florian Marten (Präsidiums-Berater) sowie Holger Scharf (Mitglied des Aufsichtsrates) über die momentanen Luftspiegelungen über dem Millerntor.

taz: Wann, glauben Sie, wird der FC St. Pauli in einem neuen Stadion auflaufen können?

Florian Marten: Wie es geplant war – in der Saison 2001/02. Es wird keine weiteren Verzögerungen mehr geben.

Holger Scharf: Es fällt mir langsam schwer, an dieses Projekt zu glauben. Es ist an der Zeit, dass unser Präsident sich endlich hieb- und stichfest zum Thema äußert. Bislang sind auch die Informationen, die uns – den Aufsichtsrat – erreichen, gleich null.

Warum hat sich der erste Spatenstich denn nun erneut verzögert?

Scharf: Keine Ahnung. Ich weiß auch nur das, was in der Zeitung steht.

Marten: Im Genehmigungsverfahren für den Bau gab es ungeahnte Schwierigkeiten. Insbesondere in den untersten Ebenen der Behörden ist einiges durcheinander gegangen. Dort haben Leute, die eigentlich gar nichts zu sagen haben, bürokratische Steine in den Weg gelegt. Ein Chaos wie beim Hamburger SV wird es aber bestimmt nicht geben.

Und wie ist die Finanzierung gesichert?

Marten: Einziger Beitrag der Stadt ist, uns das Stadion-Gelände etwas günstiger zu überlassen. Im Rahmen der erstellten Wirtschaftlichkeitsberechnung muss der Verein den Betrag durch Kredite und Investoren aufbringen. Dazu werde ich mich jedoch nicht äußern. Durch die Steigerung der Fernsehvermarktung kann das Stadion auch noch preiswerter gemacht werden. Die Auslagerung der Heimspiele in ein anderes Stadion während der Bauphase kann diese zudem von achzehn auf zehn Monate verringern.

Scharf: Damit sich die Fernsehgelder wirklich rechnen, müsste der FCallerdings in die erste Bundesliga aufsteigen. Zunächst einmal sehe ich mit großer Sorge dem März 2000 entgegen, wenn der Deutsche Fußball Bund den Verein um seine wirtschaftliche Bilanz bittet. Fragen: Oliver Lück

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